Monatsarchiv: Mai 2018

[:de]Familiengeschichten aus Pinami[:en]Familienge[:]

[:de]Hier kommt ein kleiner Einblick in die Familien, deren Kinder bei uns ins Projekt gehen/gegangen sind. Der erste Teil ist von Ende Februar, der zweite ein Update von Anfang Mai.

 

Familie Wanca – alleinerziehender Vater (Don Cesar), Eli (13 Jahre, taubstumm), Juana (8 Jahre, taubstumm), Israel (6 Jahre)

Die Vier wohnen an einem kleinen Bach etwas abseits der großen Straße, die nach Piñami führt, in einer kleinen Hütte mit einem zugemüllten Garten mit Wasserpumpe und meist angekettetem Wachhund. Die Nachbarn haben alle „große“ Häuser und reagieren verschlossen, wenn man nach der Familie fragt. Don Cesar ist Bäcker. Auf die Frage wie oder warum die Eltern sich getrennt haben, bekamen wir verschiedene Antworten. Aracely, unsere Chefin, die ihre Informationen natürlich direkt von Don Cesar erhält, sagt, dass die Mutter die Familie wegen eines anderen Mannes überstürzt verlassen hat. Hno José Luis, der in der Nähe der Wancas wohnt und somit viel in Kontakt mit den Nachbarn ist, hat mir erzählt, dass der Vater seine Frau geschlagen hat und sie deswegen abgehauen ist.

Wie ich ja schon im Blog beschrieben habe, mussten die Kinder über die Ferien in dem kleinen Zimmerchen bleiben, wenn Don Cesar beim Arbeiten war – was ziemlich oft der Fall gewesen sein muss. Wir haben die Kinder regelmäßig zu fast allen Tageszeiten mal besucht. Manchmal stand ein Brei oder gekochte Kartoffeln auf dem Herd, oft lagen aber auch nur ein paar alte Brote herum. Die Große, Eli, war meistens für sich und hat mit kleinen Püppchen gespielt oder gelesen. Die zwei Kleineren haben oft gerauft oder Israel hat sich unter einem der zwei Betten versteckt. Außerdem liefen oft Filme auf Englisch. Sonst hatte Israel keinerlei Kontakt zu „Sprechenden“. Da er ja auf dieselbe Schule wie seine Schwestern geht, kann er sich problemlos mit ihnen verständigen. Mit uns wollte er nie reden; dass mal ein schüchternes „Hola“ kam, war unser größter Erfolg.

Als wir Don Cesar dann endlich mal „erwischt“ haben, hat er uns versichert, dass er seine Kinder sofort in Piñami einschreibt, wenn die Schule wieder los geht. Eigentlich wollte er Israel dieses Jahr auch endlich auf eine normale Schule schicken, das hat aber irgendwie nicht geklappt und er geht ein weiteres Jahr auf die Taubstummenschule. Aber manchmal bekäme er Hilfe von einer Frau – er sagt, es sei nur eine Freundin, José Luis zufolge ist es seine neue „Lebenspartnerin“.

Leider sind die Drei bis jetzt noch nicht im Projekt aufgetaucht. Jede Woche geht jemand hin und schaut vorbei, aber der Vater ist nie da. Ingrid hat auch versucht, ihnen verständlich zu machen, dass sie einfach trotzdem vorbeikommen sollen, aber das wollten die Kinder nicht. Leider eine ausweglose Situation, wenn wir Don Cesar nicht antreffen. Aber ich frage mich, warum er seine Kinder nicht ins Projekt schickt. Da müsste er sich keine Gedanken machen, was seine Kinder mittags treiben und bei uns würden sie Essen bekommen, wirklich ihre Hausi machen und Israel würde endlich wieder in Kontakt mit anderen Kindern kommen und vielleicht richtig sprechen lernen. Dabei wirkt der Vater auf mich sehr verantwortungsbewusst und wirklich total nett und lustig. Mal schauen wie das mit den Wancas weiter geht!

 

Banias Familie – Mutter (ca. 30 Jahre), Bania (11 Jahre), 2 Jungs (7&9 Jahre), Chela (6 Jahre)

Von dieser Familie hab ich auch schon mal berichtet. Die Mama ist im September für 3 Monate nach Chile zum Arbeiten gegangen und die älteste Tochter musste sich um Haushalt und Geschwister kümmern. Eigentlich hatte die Großmutter ihre Hilfe zugesichert, aber die war nach 2 Wochen immer noch nicht da. Irgendwann hat sich dann die Tante ihren Nichten und Neffen angenommen. Erst waren wir total froh, dass die Kinder endlich jemanden haben, der auf sie aufpasst. Dann sind die Vier aber nach und nach immer weniger oft ins Projekt gekommen. Aracely hat die Tante angerufen. Die meinte, dass sie die Kinder nicht kontrollieren kann und die nur Blödsinn machen würden wenn sie nicht bei ihr wären. Na gut, dachten wir, die Jüngeren sind schon auch richtige Rotzlöffel wie man so schön sagt. Als die Mutter dann wieder da war, kam raus dass die Tante so überfordert war, dass sie die Kinder geschlagen hat. Die Mama ist dann auch zum Jugendamt gegangen und ich glaube, die Familie ist umgezogen oder die Kinder gehen auf eine andere Schule. Auf jeden Fall hab ich sie seitdem nicht gesehen.

 

Moises Familie – Mutter & Vater, berufstätige Schwester und Moises (13 Jahre)

Moises hat die Diagnose, dass er mit 15 Jahren alles vergessen wird, was er bisher gelernt hat. Er ist ein recht verhaltensauffälliger Junge (das hat sich seit dem letzten Jahr aber schon verbessert), aber trotzdem sehr liebenswürdig. In den Ferien kam er einmal mit dem Fahrrad vorbei und hat Aracely, Ingrid und mir erzählt, dass seine Mutter ihn nicht mehr ins Projekt schicken will. Am nächsten Tag bin ich mit Aracely natürlich gleich vor der Tür gestanden. Da haben wir ein bisschen gewartet und wurden von den drei grasenden Schafen davor eingehend betrachtet. Dann kam nach mehrmaligem Rufen die Mutter raus. Da sie nur ganz wenig Spanisch spricht, hat sich das ganze eher schwierig gestaltet. Irgendwie kam raus, dass sie Diabetes hat und überall starke Schmerzen. Aracely hat gefragt was denn der Arzt gesagt hätte und dass sie doch dessen Ratschläge befolgen soll, damit es ihr besser geht. Ein Satz, der mir von dem Gespräch besonders im Gedächtnis geblieben ist: „Ja Hermana, der hat gesagt ich soll keine Kartoffeln mehr essen, aber ich kann doch nicht auf Kartoffeln verzichten! Das gehört überall dazu und schmeckt auch so gut!“ Dass da aber doch was Wahres dahinter steckt und Kartoffeln bei Diabetes einfach nicht so gut sind, wollte sie nicht einsehen. Als wir dann auf das Projekt zu sprechen gekommen sind, hat die Frau direkt angefangen zu weinen, weil sie die 30 bs pro Monat nicht stemmen kann und auch sonst niemand aus ihrer Familie zum kochen oder putzen helfen vorbeikommen kann, weil alle im Haus gebraucht werden oder eine andere Arbeit haben. Ingrid ist dann nochmal hin – sie versteht Quechua – und Moises kommt jetzt doch wieder ins Projekt für „umme“. Ingrid meinte, die Mutter hätte sich total geschämt, als Aracely und ich da waren… Auf die Frage, was es denn daheim so zu essen gibt, hat Moises neulich geantwortet „morgens Brot und abends Hühnchen und Kartoffeln“ – da freut sich die Diabetes. Eine Mutter, deren Kinder auch ins Projekt gehen und die in der Nähe von Moises wohnt, hat Aracely gesteckt, dass seine Mutter sich bei jeder Gelegenheit – seien es Straßenfeste, Geburtstage oder einfach so – regelmäßig aufs Übelste betrinkt. Ich frage mich wirklich, was aus dem armen Jungen werden soll. Er hat ja auch keinerlei Berufschancen, wenn er mit 15 tatsächlich alles vergisst. Und daheim wohnen bleiben scheint ja auch nicht die richtige Option zu sein.

 

Die Hühnerzuchtfamilie – Vater & Mutter, älterer Bruder (17, kommt nicht ins Projekt), Dayané (13 Jahre alt), Elvis (10 Jahre), Magaly (8 Jahre), Jhazmin (6 Jahre)

An sich ist die Familie nicht direkt eine „Problemfamilie“, trotzdem will ich ein bisschen was erzählen. Dayané hat letzte Woche beim Fußballspielen einen Ball böse auf die Hand bekommen. Sie hatte starke Schmerzen. Da man zum Haus der Familie (mit gaaaanz vielen Hühnerställen neben dran) ca. eine Stunde braucht, haben Aymi (Aracelys ältere Tochter) und ich Dayané und all ihre Geschwister nach Hause begleitet. Auf dem Weg hat sie angefangen zu weinen und das Handgelenk ist richtig dick angeschwollen. Als wir dann endlich angekommen sind, hieß es erst, dass niemand da sei. Irgendwann kam dann aber doch der Vater und wir haben erzählt was passiert ist und dass er doch bitte mit seiner Tochter zum Arzt geht, weil das Gelenk so stark angeschwollen ist. Dann durften wir uns eine halbstündige Predigt anhören. Das einzige was Dayané jetzt helfen wird, sind Gebete und Vertrauen in Gott. Die im Krankenhaus zocken ihn ja nur ab (was natürlich irgendwie stimmt), aber die würden ja eh nur operieren und sonst nichts. Seine Schwester sei bei einem Taxiunfall die einzige gewesen, die überlebt hat, nur weil sie immer so viel gebetet hat. Das hat er uns dreimal hintereinander erzählt. Jetzt nicht falsch verstehen! Ich find das total super, wenn man so ein unerschütterliches Gottvertrauen hat, aber vielleicht wäre ein Arztbesuch doch nicht die schlechteste Idee gewesen? Wenn da irgendwas falsch wieder zusammenwächst oder sie eine ganz schlechte Schonhaltung einnimmt, hat das ja auch Folgen für ihr späteres Leben. Da ich letzte Woche dank Krankheit nicht im Projekt war, bin ich gespannt, was Dayané so erzählt und ob sie noch Schmerzen hat.

 

Zweiter Teil von Anfang Mai:

Die Wancas sind immer noch nicht aufgetaucht, wir reden aber auch gar nicht mehr über sie. Schade!

Banias Familie ist auch „verschwunden“.

Und der „Hühnerzuchtfamilie“ geht es gut, die Kinder kommen regelmäßig nach Piñami. Dayanés Hand scheint es auch wieder gut zu gehen.

Natürlich gibt es noch ein paar neue Geschichten.

 

Die Großfamilie.

Doña Elizabeth, um die es geht, hat drei Kinder, die ins Projekt kommen ( Mary (6), Adán (8), Noelia (13)). Sie leben zusammen mit ihrem Vater, den Eltern des Vaters, der Schwester des Vaters (Doña Nati), deren Mann und Kindern (Neymar (6) und Javier (8) – auch im Projekt) und dem kleinen Neffen David (8) in einem winzigen Hüttchen. Wer mitgezählt hat: das sind 12 Personen. Doña Elizabeths kleine Tochter Mary ist manchmal eine wirkliche Herausforderung, wenn sie sich beispielsweise komplett weigert, ihre Aufgaben zu machen oder sich offensichtlich gegen Regeln widersetzt. Wir haben uns schon oft gefragt, woran das liegen mag, bis Aracely uns neulich die Antwort geliefert hat: Als Mary klein war, hatte die Familie eine finanzielle Notlage und Doña Elizabeth sah keine andere Möglichkeit als mit Drogen zu handeln, wurde erwischt und war einige Zeit im Gefängnis.

Bis Mitte März war sie schwanger. Wenn Schwangere hier in Bolivien regelmäßig zu Kontrollen in die kleineren Praxen vor Ort gehen, erhalten sie jedes Mal einen „Fresskorb“ mit Milchpulver, Vitamintabletten, Keksen etc.. Komischerweise war Doña Elizabeth die letzten Monate ihrer Schwangerschaft nicht mehr bei den Kontrollen. Vortag der Geburt: Um neun Uhr abends haben die „richtigen“ Wehen begonnen. Doña Nati, ihre Schwägerin, hat wortwörtlich gesagt: „Sie hat die ganze Nacht das Haus zusammengeschrien.“ Das Kind wurde um 4 Uhr morgens geboren. Um kurz nach 9 sind die zwei Ärztinnen aus dem Centro de Salud neben Piñami ins Haus der Großfamilie gehetzt, als sie von der Geburt erfahren haben. Bis dahin, also 5 Stunden, lag das Neugeborene ungewaschen und nackt auf dem Bett, war eiskalt und hat kaum noch geatmet. Die Mutter konnte ihre Beine nicht mehr bewegen, wollte aber ihr Kind selber waschen. Sie selbst auch lag ungewaschen und eben unbeweglich auf ihrem Bett. Die Ärztinnen haben dann sofort einen Krankenwagen gerufen. Mutter und Kind mussten dort zwei Tage bleiben, sind jetzt aber beide längst wieder wohl auf. Das ist einfach so eine Geschichte, wo ich gar nicht weiß warum sie überhaupt passiert ist. Wäre Doña Eizabeth zu den Kontrollen gegangen, hätte man vielleicht feststellen können, dass Komplikationen auftreten könnten und man hätte die Geburt im Krankenhaus „durchführen“ können. Während den Wehen waren außerdem bereits zwei Mütter vor Ort und müssen doch eigentlich gemerkt haben, dass irgendwas nicht stimmt. Warum haben sie denn keinen Krankenwagen gerufen? Und warum hat Doña Elizabeth ihr Kind nicht von jemand anderem waschen und anziehen lassen? Fragen, die ich mich nicht traue zu stellen… „Das Kind“ ist übrigens ein Junge, zuckersüß, hat aber immer noch keinen Namen.

 

Juan David

Juan David ist 10 Jahre alt. Vor einigen Jahren ist seine Mutter mit ihm nach Argentinien vor seinem Vater abgehauen. Dort hat sie einen neuen – nennen wir es mal Lebenspartner – gefunden und mit ihm eine Tochter bekommen. Hört sich eigentlich ganz idyllisch an, ist es aber nicht. Um Juan David hat sich nämlich niemand gekümmert, nicht mal darum, dass er in die Schule geht. Außerdem wurde er vom neuen Mann regelmäßig geprügelt und seine Mutter hat nichts dagegen unternommen. Ende letzten Jahres sind die Mutter und ihre zwei Kinder wieder hier her gekommen. Die einzigen, die sich ein bisschen um ihn gekümmert haben, sind seine Tante und sein Onkel, deren Kinder Camila und Andrés auch ins Projekt kommen. Sie bemühten sich auch um einen Schulplatz für ihren Neffen, das hat aber nirgendwo geklappt weil der Altersunterschied zu groß sei; die „normalen“ Erstklässler sind ja erst 6. Trotzdem kommt Juan David seit Februar nach Piñami und wir versuchen, ihn ein bisschen zu fördern. Die Zahlen von 1-20 kann er schon. Bald soll er auf eine Abendschule gehen. Aracely hat oft mit seiner Mutter geredet, vor allem weil sie von Tante und Onkel immer wieder gehört hat, dass das mit dem Schlagen wohl nicht nur am argentinischen Partner liegt… Der Junge ist ganz ganz lieb, sehr gewissenhaft, aber auch sehr unsicher, versteht keine Witze und man merkt einfach, dass seine Kindheit keine richtige Kindheit war. Seit 3 Wochen ist seine Mutter mit der Schwester wieder in Argentinien und Juan David lebt bei seiner Großmutter. Und so fies es klingt, er wird jeden Tag mehr wie ein „normaler“ 10-jähriger Junge. Letzte Woche zum Tag der Arbeit haben wir über unsere Traumberufe gesprochen und Juan Davids großer Wunsch ist es, Fußballprofi zu werden (so wie 80 Prozent der Jungs auch… 😀 ).

 

Doña Benignas Familie: ihr Mann, sie selber, älteste Tochter (kenne ich nicht), Vilma (15), Felix (13), Junge, dessen Namen ich nicht mehr weiß (ca. 10), Josue (6), Helen (5) und nochmal zwei kleinere Kinder. Die Familie hat große finanzielle Schwierigkeiten. Die 5 mittleren Kinder sind zeitweise ins Projekt gekommen. Sie haben immer viel vom übrigen Essen mitbekommen und wenn mal ein Pulli eine Woche rumlag und niemandem gehört hat, wurde er auch immer diesen Kindern mitgegeben. Dann so Anfang März ist das Geld so knapp geworden, dass die Kinder keine Schuluniformen mehr hatten, weil die Mutter gezwungen war, alles zu verkaufen. Die Schule „Oscar Alfaro“, aus der die meisten Kinder kommen, hat zum Schuljahresbeginn einen neuen, sehr strengen Direktor bekommen, der darauf wert legt, dass jeder Schüler in Uniform kommt. Die Kinder wurden dann einfach nicht mehr in die Schule gelassen. Als Aracely das mitbekommen hat – die Kleinen hatten auf wundersame Art und Weise einfach keine Hausaufgaben mehr – ist sie zu einem Gespräch mit dem Rektor an die Schule gefahren, um ihm die Situation zu erklären. Auf die Frage, ob Doña Benignas Kinder nicht ohne Uniform kommen können, hat sie aber nur den Vorwurf zu hören bekommen, warum sie denn nicht längst die defensoria, so eine Art Jugendamt, alarmiert hätte. Dann stand zur Diskussion, ob das Projekt die Schuluniformen stellt, dagegen haben sich dann aber alle entschieden, weil eben nicht sicher wäre, ob die Mutter die neuen Uniformen wieder verkauft. Jetzt ist die Familie weiter weg gezogen und die Kinder kommen nicht mehr, weil der Weg zu weit wäre. Oh man…

Und dann gibt es noch zwei Familien – oder halbe Familien – bei denen sich die Mutter vom Vater trennen will, sie es sich aber aus finanziellen Gründen nicht leisten kann. Es wird viel gestritten und regelmäßig muss ein Mädchen bei uns weinen. Die Mütter arbeiten viel und hart, um endlich ausziehen zu können. Ich bin gespannt, wie das weiter geht und ob es irgendwann klappt.

Und dann ist einfach immer wieder schön zu sehen, dass Piñami ein „sicherer Ort“ ist, und die meisten Kinder wirklich erzählen, was ihnen auf dem Herzen liegt, worum sie sich Sorgen machen oder was sie gerade nervt. Daheim geht das ja anscheinend nicht, wenn die Eltern nur mit sich selbst beschäftigt sind.

Nach der Geburt von Doña Elizabeth kam David, ihr ältester Sohn, zu mir und hat mir ins Ohr geflüstert: „Hermana, ich will mal keine Kinder kriegen, das ist sooo eeekelig!“

In diesem Sinne

Liebe Grüße aus dem barrio[:]

[:de]Meine Kartoffeln waren da! [:]

[:de]Am Sonntag habe ich Mama um halb 4 Uhr an den Flughafen begleitet und habe jetzt Zeit, euch mal wieder ein bisschen was zu erzählen.

Nachdem ich mich von einer „bakteriellen Bronchitis“ Anfang März dank Antibiotika halbwegs erholt hatte, ist Papa an einem Sonntag Mitte März angekommen. Wir haben sowohl Quillacollo, als auch Cochabamba unsicher gemacht; waren auf der Cancha, auf dem Cristo, in Kirchen (wenn sie denn auf hatten) und haben gut gegessen. Dienstags sind wir dann relativ ungeplant nach Sucre gefahren (eigentlich wollten wir ja nach Uyuni, aber am abgemachten Tag ist die Frau des Busunternehmens einfach nicht aufgetaucht!). Auch hier haben wir uns auf Kirchenjagd begeben und auch hier waren alle bis auf eine geschlossen. Papa hat sich durch bolivianische Köstlichkeiten wie Salteñas oder „Teigbällchen“ probiert und wir haben so richtig Urlaub gemacht. Freitagmorgen haben wir dann Kili und Mama abgeholt.

Gleich am ersten Tag wurden sie auf den Cristo geschleppt und einen Tag später mit dem Bus und Pedro nach La Paz und weiter nach Copacabana. Keine so gute Idee! Gleich auf 4000 m gehen sollte man lieber bleiben lassen, die Höhe hat allen ein wenig zu schaffen gemacht. Wieder gut gemacht haben das aber unser wunderschönes Hostel und die freilaufenden Lamas im Garten (das kleine mochte Kili und mich nicht so…). Wir haben – wieder – lecker gegessen, waren auf der Isla del sol und sogar im Palmsonntagsgottesdienst, wo wir doch glatt einen Mitfreiwilligen aus Coroico (Nähe La Paz in den Yungas) samt Besuch getroffen haben.

 

 

 

Noch ein paar typische Titicacaseepostkartenbilder. Rechts oben sind Papa und ich ganz früh (also wirklich früh, wenn man mal unsere winzigen Augen anschaut!) auf den Aussichtsberg gestiefelt und fast vollendet :D. Nach Copacabana sind wir auch noch ein bisschen in La Paz geblieben und haben uns die Stadt und das Valle de la luna angeschaut. Außerdem haben wir mal wieder lecker gegessen, einmal im Restaurant von Pedros Großeltern und das andere Mal im Fischrestaurant seiner Großtante.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Pünktlich für die Karfreitagsprozession in Piñami sind wir wieder nach Cochabamba gefahren. Eigentlich war die Prozessionsstrecke vorher abgemacht, wir haben aber dann doch den ein oder anderen Umweg zu mehreren Häusern gemacht, die eigentlich gar keine Kreuzwegstation vorbereitet hatten. Mama und Papa haben ziemlich gelacht 😀

 

 

 

 

 

 

 

Das war in der Osternacht. Das Osterfeuer wurde irgendwo in der Wiese entzündet, aber es war trotzdem sehr schön. Eine Überraschung war im Gottesdienst, dass beim Gloria wenn die Lichter angehen, Blumen gestreut wurden! Können wir das bitte auch in Deutschland einführen?! Am Ostersonntag waren wir nach der Messe bei Don José und Doña Dora zum Essen eingeladen. Mein schönstes Ostergeschenk war ein echter Lindt-Hase von daheim mit wirklicher Lindt-Schokolade! Lecker. Er lebt schon nicht mehr.

Und dann mussten Mama, Kili und Papa natürlich auch mal noch zusammen mit nach Piñami mitkommen:

Allgemein haben wir in diesen Tagen sehr sehr sehr viele Essenseinladungen bekommen. Das folgende Bild ist bei Javier und Patricia in ihrem kleinen Paradies in „El Paso“.

Und in der Dienstagsmesse bei den Brüdern waren sie auch dabei. Da ist Papa was rausgerutscht, an das sich hier bestimmt noch alle ganz lange erinnern werden können. Das Wort für Kartoffel (papa) wird so betont wie bei uns Papa (Vater). Die Eltern (auch „papás“) betont man aber auf der zweiten Silbe. Papa hat sich und Mama mit den Worten vorgestellt „Nosotros somos las papas de Rahel.“ also „Wir sind die Kartoffeln von Rahel.“ Höhö…:D

Am Mittwoch nach Ostern sind Kili und Papa dann wieder nach Deutschland geflogen und Mama ist noch drei Wochen hier geblieben. Wir haben viel gemacht und gesehen. Das Highlight war aber natürlich die Tour durch die Salzwüste (Salar de Uyuni) und den umliegenden Naturpark.

Wieder typische Tourifotos (danke an Ronaldo, unseren Fahrer, der sich beim Fotos machen voll ins Zeug gelegt hat:D). Für das untere Bild sind wir übrigens um halb 5 aufgestanden, um bei Sonnenaufgang die Geysire zu sehen! Danach ging es dann in heiße Quellen.

Ein dreiviertel unserer Gruppe – die zwei Schweden Löten und Martin fehlen. Und obwohl es so aussieht, pinkeln wir hier NICHT ins Quinuafeld. Die Pflanzen wachsen da im Nirgendwo ohne Wasser! Dafür haben sie grade mit einer Raupenplage zu kämpfen.

Nach einer Erholungsnacht in Uyuni ging es für uns weiter nach Potosí, die Minenstadt. Und was macht man in einer Minenstadt? Richtig, die Mine besuchen. Davor hatte ich wirklich richtig richtig Angst. So schlimm war es dann doch nicht, aber schon eines der beeindruckendsten Dinge, die ich je gemacht habe. In die Mine wurden zu Präkolonisationszeiten Verbrecher zur „Besinnung“ geschickt. Die Europäer haben dann die indigenen Einwohner unter menschenunwürdigen Bedingungen dort arbeiten lassen. Heutzutage sind die Arbeiter in Grüppchen organisiert. Sie erhalten kein regelmäßiges Einkommen, sonder nur so viel, wie sie aus der Mine „rausholen“. Und da waren wir wirklich drin, im ganz normalen „Betriebsschacht“ und mussten immer ausweichen, wenn mal wieder jemand eine Ladung Mineral raustransportiert hat. Auch den „Tío“ haben wir besucht, den „Gott der Unterwelt“, den die Mineros anbeten, damit er ihnen nichts tut. Das war schon sehr bedrückend. Dann habe ich allerdings drei Heiratsanträge bekommen und hätte nicht gedacht, dass die Mineros auch so aufgeschlossen und lustig sind, anders ginge es wahrscheinlich aber auch nicht. Als wir dann wieder Sonnenlicht gesehen haben, war ich doch sehr froh.

Da Sucre auf dem Weg nach Cochabamba liegt, sind wir da zur Erholung auch noch hingefahren und haben es uns gut gehen lassen. Daheim war Mama ganz fleißig in allen Gruppen der Gemeinde. Unter anderem auch bei den Stickfrauen:

Das war also mein Familienbesuch:). Und in nicht mal vier Monaten bin ich schon wieder daheim. Unglaublich, wie schnell die Zeit vergeht!

Ich übe jetzt fleißig drei mal die Woche Chacarera, damit das beim Pilgerfest Urkupiña auch alles klappt. Wer meine Gruppe mal sehen möchte, hier mal wieder ein Link: https://www.youtube.com/watch?v=2Ceb27IiIBA

Ich bin mir gerade nicht sicher, ob ich das mit Uspha letztes Mal schon erwähnt habe, aber doppelt hält ja bekanntlich besser: Montags gibt es dort keine Hausaufgabenbetreuung mehr und wir werden nur noch donnerstags hin gehen. Dafür haben wir jetzt unsere Englischstunden vermehrt und haben drei Gruppen am Montag.

Uuund es scheint, als hätte ich mir Läuse eingefangen. Mich wundert aber, dass es so lang gedauert hat, denn die Kinderköpfe haben es den lieben Tierchen offensichtlich sehr angetan. Naja, ich mache jetzt jede Woche einmal Haarwaschung mit Läuseshampoo und habe mir ein Kopftuch zum arbeiten gekauft.

In diesem Sinne

krabbelige Grüße aus Bolivien

Rahel

P.S.: Während des Veröffentlichens ist noch was passiert: Johanna wurde von nem Hund gebissen, als dieser aus der Tür seiner Besitzer gelassen wurde! Um 7 abends erst! Ihr geht es gut, es ist eine recht kleine Wunde und der „Täter“ ist auch geimpft. Jetzt bin ich doch ganz froh, dass ich alle möglichen Impfungen über mich ergehen lassen habe! :D[:]