[:de] Mehr als zweidrittel Mount Everest ohne Sauerstoffzelt![:en]Mehr als[:]

[:de]Das war mein Ziel, als ich mich am Mittwoch vor Fronleichnam mit acht anderen Freiwilligen auf den Weg nach La Paz gemacht habe, um den 6088 Meter hohen „Huayna Potosí“ zu besteigen. Hier ist ja jetzt Winter, und in Cochabamba friere ich schon (zumindest früh morgens und abends), dementsprechend war La Paz um 6.30 eine echte Herausforderung. Um halb 9 hieß es für uns im Büro von „High Camp Lodge“ Equipment anprobieren: Dicke „Skistiefel“, mit Klett verschließbare Schienbeinschoner, Fließhose und -pulli, Funktionslatzhose mit passender Jacke, Sturmhaube, Handschuhe und Helm. Dazu gabs noch eine Kopflampe, einen Eispickel und so „Steigeisen“ zum an den Schuh schnallen. Das war ein echtes Chaos. Um 10 ging es dann in 3 Trufis und 11 anderen Verrückten los erst Richtung El Alto um genügend Wasser und Proviant zu kaufen. „Nehmt ganz ganz viel Schokolade mit!“ – Na gut, wenns uuunbedingt sein muss… 😀 Nach zwei Stunden Fahrt sind wir am „campo base“ auf 4700 m angekommen und haben erst mal was zu essen bekommen: Reis mit Riesenomelett. Da wurde gleich mal klar, dass wir ab jetzt jedes kleine Kohlenhydratchen brauchen werden. Mittags war dann „Einführung in das Gletscherwesen“ angesagt. Also alles außer Fließschicht an und an den Gletscherrand laufen. Dann haben wir gelernt, wie man sich an einem 30 – 45 – Grad – Hang am besten fortbewegt. Zum Schluss ging es dann eine 5 m hohe Eiswand hoch bzw. runter mit zwei Eispickeln in der Hand. Sofia (andere Freiwillige aus Bella Vista; für die paar Tage mein pareja; gleichzeitig mentale Unterstützung :D) und ich haben da eine richtig doofe Stelle mit Überhang erwischt und hingen ab und zu komplett im Seil und dachten, es geht nicht mehr weiter. Ging´s dann aber doch – irgendwie. Dann, das Ereignis des Tages: Alvar hat beide Eispickel im Eis, möchte einen rausziehen, unterschätzt die Kraft und schlägt sich einen dicken Riss in die Lippe, muss nach La Paz fahren zum Nähen, kommt aber am Freitag wieder zum campo base. Nach einem wieder sehr üppigen Abendessen ging es dann um 8 Uhr schon ins Bett: sehr ungewohntes Fronleichnam! 😀

12 Stunden später gab es Frühstück und nach einem anderen äußerst reichhaltigen Mittagessen ging es mitsamt allem Krempel (s.o.) los Richtung „campo alto“. Man stelle sich nun einmal die kleine Rahel mit vollbepacktem 60-Liter-Rucksack, an dem noch Helm, Eispickel und die dicken „Skistiefel“ dran hängen, vor. Es war kein Spaß! 2,5 Stunden, 430 Höhenmeter, einem Schokoriegel und mehreren Fast-Stürzen dank zusätzlichem Gewicht später gab es dann erst mal ein bisschen Tee mit wunderschöner Aussicht. Und dann kommt die Höhe. Der Kopf fängt an zu drücken und irgendwie hat alles einen weißlichen Schleier. Die erste Engländerin sitzt hinter der Hütte und kehrt ihr Inneres nach Außen in eine Schüssel. Das kann ja lustig werden morgen früh! Aber ich dachte, dass es mir auf 5130 Metern schlechter gehen würde. Nach einer kleinen Pause gab es dann um 17 Uhr Abendessen. Noch ein Höhenproblem: ich hatte einfach überhaupt gar keinen Hunger. Aber nichts essen geht ja auch nicht, wenn es 7 Stunden später schon wieder los geht. Also hab ich mir die Hälfte irgendwie reingezwungen. Dann wurden Teams gebildet: 2 Gletscherbesteiger auf einen guía. Sofia und ich haben Rodolfo gekriegt. Weil wir spanisch können. Jaaa, und dann war um halb 7 Bettzeit. Komisches Gefühl. Kopf drückt, alles tut jetzt schon weh vom Riesenrucksack, die Aufregung steigt und die Angst, dass man es nicht schafft, auch. So drei Stunden Schlaf habe ich aber trotzdem gehabt. Bis um 12 Uhr dann das Licht anging. Da kam dann schon der erste Adrenalinschub. Und die Höhe. Ein bisschen Übelkeit, Kopfweh des Todes, und mein ganzer Körper war irgendwie „lapprig“. Da hab ich die einzige Höhenkrankheitstablette des Ausflugs genommen. Und Coca-Tee getrunken. Essen war wieder eine Herausforderung. Ein halbes Marmeladebrot und ein kleines Stückchen Schokokuchen. Dann hieß es, alles anziehen, Schokolade, Wasser und Coca einpacken und im stockdunkeln los. Nach einer halben Stunde sind wir dann an den Gletscherrand gekommen und haben die Steigeisen angelegt und uns an Rodolfo „angeseilt“. Am Anfang waren wir zu viert, Alvars guía ist voraus gegangen um „eine schwierige Stelle zu sichern“. Hilfeee… Ganz langsam, Schritt für Schritt ging es dann los. Wir waren tatsächlich im oberen Drittel der Gruppe, das hätte ich nicht gedacht. Alle halbe Stunde war Wasser-, Schoko-, und Cocawechsel-Pause. Nach einer ziemlich beschwerlichen Tiefschneestelle, in der man nach jedem Schritt wieder zurückgerutscht ist, waren unsere guías der ersten 5 Grüppchen ein wenig gestresst. Wir konnten nicht auf die anderen warten, weil wir sonst den Sonnenaufgang auf dem Gipfel verpassen würden. Außerdem schien es, als wäre mindestens eine Gruppe wieder abgestiegen (Hat tatsächlich gestimmt! 3 Engländerinnen haben es nicht geschafft.) Also sind wir ohne die anderen weiter gelaufen. Wenn es davor beschwerlich war, wurde es jetzt mit jedem Schritt, jedem Höhenmeter unmöglicher. Jede Pause war unbedingt nötig, wenn auch nicht zu lang, weil es affenkalt und windig war. Und immer wieder die Frage „Wie hoch sind wir schon?“. Schlimm, wenn es dann heißt, 5600. Dann fehlen ja immer noch 588!!! Ab 5700 Metern war es einfach nur noch die Hölle. Irgendwann macht alles zu; die Muskeln, die Motivation, die Nase, der Kopf: „Es geht einfach nicht mehr, hör bitte auf!“ Aber Rodolfo war unerbittlich, Schritt um Schritt ging es dann doch weiter hoch. Auf 5800 Metern hieß es dann: „Leute, das ist die letzte Pause, ab jetzt gibt es keinen Platz mehr zum Hinsetzen!“. Auf einem dünnen Zickzackpfad ging es dann also weiter… 288 Höhenmeter ohne Pause. Und dann kam irgendwann die Wut. Ich hab nur noch vor mich hin geschumpfen – auf deutsch aber – und meine, die Anstrengungen sogar mit einer Geburt verglichen zu haben… (sorry Mama! :D) Egal, wie oft wir um eine kurze Pause gebettelt haben, wir mussten weiter gehen. Ich war wirklich ernsthaft am verzweifeln. Und dann sagt Rodolfo nach der bis dahin schlimmsten Stunde plötzlich: „Schaut mal, da oben ist der Gipfel!“ Und dann ging´s. Und dann ist man nach 5,5 Stunden Hölle auf 6088 Metern. Pünktlich zum Sonnenaufgang. Ohne Sauerstoffzelt. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich vor Anstrengung, Unglauben und Erleichterung kein kleines Tränchen verdrückt habe. Nach ein paar Fotos, einigen Schlucken Wasser und tausend „Danke“s an Rodolfo ging es dann auch schon wieder runter, weil die Gipfelfläche nicht wirklich groß ist und es eh viel zu kalt und windig war. Beim Runter wurde einem erst klar, wie weit man tatsächlich hochgekraxelt ist – unglaublich! Um 9 Uhr, genau 9 Stunden nachdem wir aufgestanden sind, waren wir wieder am „campo alto“. Und zwei Stunden später, nach viel Tee und zwei Löffeln Suppe – mehr ging einfach nicht! – wurde der Rucksack wieder voll bepackt und es ging zurück ins „campo base“. Da haben wir dann nochmal umgepackt und das ganze Equipment zurückgeben dürfen, juhu! Und dann wieder den ganzen Weg zurück nach La Paz im Trufi. Da waren wir glaube ich so gegen 3. Die anderen sind direkt wieder nach Cochabamba gefahren, weil sie Sonntag eine fiesta in ihrem Projekt hatten. Ich habe mir noch ein nettes Restwochenende gemacht und bin erst mal in ein Hostel eingecheckt und habe die erste – sogar richtig heiße – Dusche seit fast 4 Tagen genossen. Sonntag Mittag ging es dann wieder nach Hause. Dann die große Sensation: Auf dem Altiplano hat es GESCHNEIT! Das passiert nicht so oft. Deswegen sind wir dann auch erst mal 2 Stunden stehen geblieben. Um halb 1 nachts war ich dann wieder in meinem kuscheligen Bettchen.

Jetzt wisst ihr Bescheid. Ich habs wirklich geschafft. Wie genau, weiß ich nicht mehr. Das war auf jeden Fall die Grenzerfahrung schlechthin. Und jetzt, wo ich weiß, wie es ist, würde ich es auch wirklich nicht nochmal machen. Und trotzdem bin ich schon verdammt stolz!

Nächster Punkt: Mein Geburtstag. War ganz komisch. Am Anfang dachte ich mir nämlich immer: Wenn ich Geburtstag hab, dann ist das Jahr schon fast vorbei. Im Moment will ich aber noch einfach gar nicht über den Abschied nachdenken! Naja, pünktlich zu meinem Jubeltag hatte ich dann eine erhöhte Lipase und durfte keinen Kuchen und nichts Leckeres essen. Von Johanna und Clara habe ich ein Notizbüchlein mit Katze mit Brille bekommen (Kommentar von Clara: „Die Katze hat mich irgendwie an dich erinnert! Brille, Ringelpulli – und ich bin dagegen allergisch.“ :D), ein kleines, dickes Kuschelalpaka, Blumen und als Kuchenersatz Apfelmus. In Piñami hab ich dann Schokokuchen für alle gebacken und wurde als Dankeschön stürmisch umarmt. Noch ein Kommentar von Miguel, dem Ältesten der Projektgänger: „Wir wünschen dir alles Gute zum Geburtstag, jetzt bist du ja erwachsen. Das merkt man schon daran, dass deine Familie dich alleine hat her kommen lassen. Aber wir sind ja auch deine Familie. Wir hoffen, du hast einen schönen Tag.“ Da hätte ich fast wieder ein Tränchen verdrückt. Und abends beim ensayo war es auch noch richtig nett :).

Am Sonntag drauf hab ich dann eine kleine Feier veranstaltet mit Kuchen, Gelatina, Zitronenmousse von Bruder Edgar und Lasagne. Die Gäste waren auf halb 4 bestellt. Don Rogildo kam um halb 3. Der Rest ist gegen 5 nach und nach eingetrudelt… Da hatte ich mal wieder ein bisschen zu viel Vertrauen:D Aber es war trotzdem sehr schön. Und lecker.

Letzten Donnerstag, 21. Juni, war Feiertag anlässlich des Aymara-Neujahrs. Tradition ist es, nachts nach Cotapachi hinter dem Calvario in Quillacollo zu fahren, wo früher die Inca ihr Getreide gelagert haben, um dort auf einem Berg die ersten Sonnenstrahlen zu begrüßen. Muss man natürlich gesehen haben. Also um 4 los Richtung Cotapachi. Viel zu früh und viel zu kalt. Aber was tut man nicht alles. Da oben war natürlich die Hölle los, überall gab es Essen, Souvenirs und zu viele Betrunkene für meinen Geschmack. Und jede Familie macht ihr eigenes kleines Lagerfeuer. Bei dem von der Familie meines Tanzpartners vom Chacarera habe ich dann ein Würstchen und eine Tasse pappsüßen heißen Kaffee bekommen. Um dreiviertel 7, nach dem der neue Bürgermeister Quillacollos eine Ansprache gehalten hat und von vielen ausgepfiffen wurde (der alte, Anti-Evo-Bürgermeister wurde von der MAS einfach abgesetzt), war es dann so weit: Da haben es die ersten Sonnenstrahlen über die Bergspitzen geschafft. Frohes neues Jahr 5526! Um halb 9 war ich dann wieder im Bett und hab quasi den ganzen Tag verschlafen, bis es dann um halb 8 wieder zum ensayo ging.

Ansonsten lass ich mich gerade einfach so vom Alltagsstrudel ziehen. Es ist immer was los, aber nie zu viel. Pro Woche drei ensayos (ab Juli dann jeden Tag… oh oh), die Brüdermesse, am Wochenende Geburtstage oder Parrilladas oder anderes 😀 Mir geht’s einfach super! Die ersten zwei Juliwochen sind Winterferien (wenns allerdings noch kälter wird, wird einfach eine Woche dran gehängt! 😀 ). In der ersten Woche wollen wir jeden Tag Englisch geben und in der zweiten Woche müssen wir wahrscheinlich frei nehmen, da gibt’s nichts zu tun anscheinend. Mal schauen wo es mich hin verschlägt!

Liebe Grüße von der kalten Südhalbkugel

Rahel

P.S.: Die Bilder wollen heute nicht… Stellt es euch einfach sehr sehr spektakulär vor:D[:]

[:de]Familiengeschichten aus Pinami[:en]Familienge[:]

[:de]Hier kommt ein kleiner Einblick in die Familien, deren Kinder bei uns ins Projekt gehen/gegangen sind. Der erste Teil ist von Ende Februar, der zweite ein Update von Anfang Mai.

 

Familie Wanca – alleinerziehender Vater (Don Cesar), Eli (13 Jahre, taubstumm), Juana (8 Jahre, taubstumm), Israel (6 Jahre)

Die Vier wohnen an einem kleinen Bach etwas abseits der großen Straße, die nach Piñami führt, in einer kleinen Hütte mit einem zugemüllten Garten mit Wasserpumpe und meist angekettetem Wachhund. Die Nachbarn haben alle „große“ Häuser und reagieren verschlossen, wenn man nach der Familie fragt. Don Cesar ist Bäcker. Auf die Frage wie oder warum die Eltern sich getrennt haben, bekamen wir verschiedene Antworten. Aracely, unsere Chefin, die ihre Informationen natürlich direkt von Don Cesar erhält, sagt, dass die Mutter die Familie wegen eines anderen Mannes überstürzt verlassen hat. Hno José Luis, der in der Nähe der Wancas wohnt und somit viel in Kontakt mit den Nachbarn ist, hat mir erzählt, dass der Vater seine Frau geschlagen hat und sie deswegen abgehauen ist.

Wie ich ja schon im Blog beschrieben habe, mussten die Kinder über die Ferien in dem kleinen Zimmerchen bleiben, wenn Don Cesar beim Arbeiten war – was ziemlich oft der Fall gewesen sein muss. Wir haben die Kinder regelmäßig zu fast allen Tageszeiten mal besucht. Manchmal stand ein Brei oder gekochte Kartoffeln auf dem Herd, oft lagen aber auch nur ein paar alte Brote herum. Die Große, Eli, war meistens für sich und hat mit kleinen Püppchen gespielt oder gelesen. Die zwei Kleineren haben oft gerauft oder Israel hat sich unter einem der zwei Betten versteckt. Außerdem liefen oft Filme auf Englisch. Sonst hatte Israel keinerlei Kontakt zu „Sprechenden“. Da er ja auf dieselbe Schule wie seine Schwestern geht, kann er sich problemlos mit ihnen verständigen. Mit uns wollte er nie reden; dass mal ein schüchternes „Hola“ kam, war unser größter Erfolg.

Als wir Don Cesar dann endlich mal „erwischt“ haben, hat er uns versichert, dass er seine Kinder sofort in Piñami einschreibt, wenn die Schule wieder los geht. Eigentlich wollte er Israel dieses Jahr auch endlich auf eine normale Schule schicken, das hat aber irgendwie nicht geklappt und er geht ein weiteres Jahr auf die Taubstummenschule. Aber manchmal bekäme er Hilfe von einer Frau – er sagt, es sei nur eine Freundin, José Luis zufolge ist es seine neue „Lebenspartnerin“.

Leider sind die Drei bis jetzt noch nicht im Projekt aufgetaucht. Jede Woche geht jemand hin und schaut vorbei, aber der Vater ist nie da. Ingrid hat auch versucht, ihnen verständlich zu machen, dass sie einfach trotzdem vorbeikommen sollen, aber das wollten die Kinder nicht. Leider eine ausweglose Situation, wenn wir Don Cesar nicht antreffen. Aber ich frage mich, warum er seine Kinder nicht ins Projekt schickt. Da müsste er sich keine Gedanken machen, was seine Kinder mittags treiben und bei uns würden sie Essen bekommen, wirklich ihre Hausi machen und Israel würde endlich wieder in Kontakt mit anderen Kindern kommen und vielleicht richtig sprechen lernen. Dabei wirkt der Vater auf mich sehr verantwortungsbewusst und wirklich total nett und lustig. Mal schauen wie das mit den Wancas weiter geht!

 

Banias Familie – Mutter (ca. 30 Jahre), Bania (11 Jahre), 2 Jungs (7&9 Jahre), Chela (6 Jahre)

Von dieser Familie hab ich auch schon mal berichtet. Die Mama ist im September für 3 Monate nach Chile zum Arbeiten gegangen und die älteste Tochter musste sich um Haushalt und Geschwister kümmern. Eigentlich hatte die Großmutter ihre Hilfe zugesichert, aber die war nach 2 Wochen immer noch nicht da. Irgendwann hat sich dann die Tante ihren Nichten und Neffen angenommen. Erst waren wir total froh, dass die Kinder endlich jemanden haben, der auf sie aufpasst. Dann sind die Vier aber nach und nach immer weniger oft ins Projekt gekommen. Aracely hat die Tante angerufen. Die meinte, dass sie die Kinder nicht kontrollieren kann und die nur Blödsinn machen würden wenn sie nicht bei ihr wären. Na gut, dachten wir, die Jüngeren sind schon auch richtige Rotzlöffel wie man so schön sagt. Als die Mutter dann wieder da war, kam raus dass die Tante so überfordert war, dass sie die Kinder geschlagen hat. Die Mama ist dann auch zum Jugendamt gegangen und ich glaube, die Familie ist umgezogen oder die Kinder gehen auf eine andere Schule. Auf jeden Fall hab ich sie seitdem nicht gesehen.

 

Moises Familie – Mutter & Vater, berufstätige Schwester und Moises (13 Jahre)

Moises hat die Diagnose, dass er mit 15 Jahren alles vergessen wird, was er bisher gelernt hat. Er ist ein recht verhaltensauffälliger Junge (das hat sich seit dem letzten Jahr aber schon verbessert), aber trotzdem sehr liebenswürdig. In den Ferien kam er einmal mit dem Fahrrad vorbei und hat Aracely, Ingrid und mir erzählt, dass seine Mutter ihn nicht mehr ins Projekt schicken will. Am nächsten Tag bin ich mit Aracely natürlich gleich vor der Tür gestanden. Da haben wir ein bisschen gewartet und wurden von den drei grasenden Schafen davor eingehend betrachtet. Dann kam nach mehrmaligem Rufen die Mutter raus. Da sie nur ganz wenig Spanisch spricht, hat sich das ganze eher schwierig gestaltet. Irgendwie kam raus, dass sie Diabetes hat und überall starke Schmerzen. Aracely hat gefragt was denn der Arzt gesagt hätte und dass sie doch dessen Ratschläge befolgen soll, damit es ihr besser geht. Ein Satz, der mir von dem Gespräch besonders im Gedächtnis geblieben ist: „Ja Hermana, der hat gesagt ich soll keine Kartoffeln mehr essen, aber ich kann doch nicht auf Kartoffeln verzichten! Das gehört überall dazu und schmeckt auch so gut!“ Dass da aber doch was Wahres dahinter steckt und Kartoffeln bei Diabetes einfach nicht so gut sind, wollte sie nicht einsehen. Als wir dann auf das Projekt zu sprechen gekommen sind, hat die Frau direkt angefangen zu weinen, weil sie die 30 bs pro Monat nicht stemmen kann und auch sonst niemand aus ihrer Familie zum kochen oder putzen helfen vorbeikommen kann, weil alle im Haus gebraucht werden oder eine andere Arbeit haben. Ingrid ist dann nochmal hin – sie versteht Quechua – und Moises kommt jetzt doch wieder ins Projekt für „umme“. Ingrid meinte, die Mutter hätte sich total geschämt, als Aracely und ich da waren… Auf die Frage, was es denn daheim so zu essen gibt, hat Moises neulich geantwortet „morgens Brot und abends Hühnchen und Kartoffeln“ – da freut sich die Diabetes. Eine Mutter, deren Kinder auch ins Projekt gehen und die in der Nähe von Moises wohnt, hat Aracely gesteckt, dass seine Mutter sich bei jeder Gelegenheit – seien es Straßenfeste, Geburtstage oder einfach so – regelmäßig aufs Übelste betrinkt. Ich frage mich wirklich, was aus dem armen Jungen werden soll. Er hat ja auch keinerlei Berufschancen, wenn er mit 15 tatsächlich alles vergisst. Und daheim wohnen bleiben scheint ja auch nicht die richtige Option zu sein.

 

Die Hühnerzuchtfamilie – Vater & Mutter, älterer Bruder (17, kommt nicht ins Projekt), Dayané (13 Jahre alt), Elvis (10 Jahre), Magaly (8 Jahre), Jhazmin (6 Jahre)

An sich ist die Familie nicht direkt eine „Problemfamilie“, trotzdem will ich ein bisschen was erzählen. Dayané hat letzte Woche beim Fußballspielen einen Ball böse auf die Hand bekommen. Sie hatte starke Schmerzen. Da man zum Haus der Familie (mit gaaaanz vielen Hühnerställen neben dran) ca. eine Stunde braucht, haben Aymi (Aracelys ältere Tochter) und ich Dayané und all ihre Geschwister nach Hause begleitet. Auf dem Weg hat sie angefangen zu weinen und das Handgelenk ist richtig dick angeschwollen. Als wir dann endlich angekommen sind, hieß es erst, dass niemand da sei. Irgendwann kam dann aber doch der Vater und wir haben erzählt was passiert ist und dass er doch bitte mit seiner Tochter zum Arzt geht, weil das Gelenk so stark angeschwollen ist. Dann durften wir uns eine halbstündige Predigt anhören. Das einzige was Dayané jetzt helfen wird, sind Gebete und Vertrauen in Gott. Die im Krankenhaus zocken ihn ja nur ab (was natürlich irgendwie stimmt), aber die würden ja eh nur operieren und sonst nichts. Seine Schwester sei bei einem Taxiunfall die einzige gewesen, die überlebt hat, nur weil sie immer so viel gebetet hat. Das hat er uns dreimal hintereinander erzählt. Jetzt nicht falsch verstehen! Ich find das total super, wenn man so ein unerschütterliches Gottvertrauen hat, aber vielleicht wäre ein Arztbesuch doch nicht die schlechteste Idee gewesen? Wenn da irgendwas falsch wieder zusammenwächst oder sie eine ganz schlechte Schonhaltung einnimmt, hat das ja auch Folgen für ihr späteres Leben. Da ich letzte Woche dank Krankheit nicht im Projekt war, bin ich gespannt, was Dayané so erzählt und ob sie noch Schmerzen hat.

 

Zweiter Teil von Anfang Mai:

Die Wancas sind immer noch nicht aufgetaucht, wir reden aber auch gar nicht mehr über sie. Schade!

Banias Familie ist auch „verschwunden“.

Und der „Hühnerzuchtfamilie“ geht es gut, die Kinder kommen regelmäßig nach Piñami. Dayanés Hand scheint es auch wieder gut zu gehen.

Natürlich gibt es noch ein paar neue Geschichten.

 

Die Großfamilie.

Doña Elizabeth, um die es geht, hat drei Kinder, die ins Projekt kommen ( Mary (6), Adán (8), Noelia (13)). Sie leben zusammen mit ihrem Vater, den Eltern des Vaters, der Schwester des Vaters (Doña Nati), deren Mann und Kindern (Neymar (6) und Javier (8) – auch im Projekt) und dem kleinen Neffen David (8) in einem winzigen Hüttchen. Wer mitgezählt hat: das sind 12 Personen. Doña Elizabeths kleine Tochter Mary ist manchmal eine wirkliche Herausforderung, wenn sie sich beispielsweise komplett weigert, ihre Aufgaben zu machen oder sich offensichtlich gegen Regeln widersetzt. Wir haben uns schon oft gefragt, woran das liegen mag, bis Aracely uns neulich die Antwort geliefert hat: Als Mary klein war, hatte die Familie eine finanzielle Notlage und Doña Elizabeth sah keine andere Möglichkeit als mit Drogen zu handeln, wurde erwischt und war einige Zeit im Gefängnis.

Bis Mitte März war sie schwanger. Wenn Schwangere hier in Bolivien regelmäßig zu Kontrollen in die kleineren Praxen vor Ort gehen, erhalten sie jedes Mal einen „Fresskorb“ mit Milchpulver, Vitamintabletten, Keksen etc.. Komischerweise war Doña Elizabeth die letzten Monate ihrer Schwangerschaft nicht mehr bei den Kontrollen. Vortag der Geburt: Um neun Uhr abends haben die „richtigen“ Wehen begonnen. Doña Nati, ihre Schwägerin, hat wortwörtlich gesagt: „Sie hat die ganze Nacht das Haus zusammengeschrien.“ Das Kind wurde um 4 Uhr morgens geboren. Um kurz nach 9 sind die zwei Ärztinnen aus dem Centro de Salud neben Piñami ins Haus der Großfamilie gehetzt, als sie von der Geburt erfahren haben. Bis dahin, also 5 Stunden, lag das Neugeborene ungewaschen und nackt auf dem Bett, war eiskalt und hat kaum noch geatmet. Die Mutter konnte ihre Beine nicht mehr bewegen, wollte aber ihr Kind selber waschen. Sie selbst auch lag ungewaschen und eben unbeweglich auf ihrem Bett. Die Ärztinnen haben dann sofort einen Krankenwagen gerufen. Mutter und Kind mussten dort zwei Tage bleiben, sind jetzt aber beide längst wieder wohl auf. Das ist einfach so eine Geschichte, wo ich gar nicht weiß warum sie überhaupt passiert ist. Wäre Doña Eizabeth zu den Kontrollen gegangen, hätte man vielleicht feststellen können, dass Komplikationen auftreten könnten und man hätte die Geburt im Krankenhaus „durchführen“ können. Während den Wehen waren außerdem bereits zwei Mütter vor Ort und müssen doch eigentlich gemerkt haben, dass irgendwas nicht stimmt. Warum haben sie denn keinen Krankenwagen gerufen? Und warum hat Doña Elizabeth ihr Kind nicht von jemand anderem waschen und anziehen lassen? Fragen, die ich mich nicht traue zu stellen… „Das Kind“ ist übrigens ein Junge, zuckersüß, hat aber immer noch keinen Namen.

 

Juan David

Juan David ist 10 Jahre alt. Vor einigen Jahren ist seine Mutter mit ihm nach Argentinien vor seinem Vater abgehauen. Dort hat sie einen neuen – nennen wir es mal Lebenspartner – gefunden und mit ihm eine Tochter bekommen. Hört sich eigentlich ganz idyllisch an, ist es aber nicht. Um Juan David hat sich nämlich niemand gekümmert, nicht mal darum, dass er in die Schule geht. Außerdem wurde er vom neuen Mann regelmäßig geprügelt und seine Mutter hat nichts dagegen unternommen. Ende letzten Jahres sind die Mutter und ihre zwei Kinder wieder hier her gekommen. Die einzigen, die sich ein bisschen um ihn gekümmert haben, sind seine Tante und sein Onkel, deren Kinder Camila und Andrés auch ins Projekt kommen. Sie bemühten sich auch um einen Schulplatz für ihren Neffen, das hat aber nirgendwo geklappt weil der Altersunterschied zu groß sei; die „normalen“ Erstklässler sind ja erst 6. Trotzdem kommt Juan David seit Februar nach Piñami und wir versuchen, ihn ein bisschen zu fördern. Die Zahlen von 1-20 kann er schon. Bald soll er auf eine Abendschule gehen. Aracely hat oft mit seiner Mutter geredet, vor allem weil sie von Tante und Onkel immer wieder gehört hat, dass das mit dem Schlagen wohl nicht nur am argentinischen Partner liegt… Der Junge ist ganz ganz lieb, sehr gewissenhaft, aber auch sehr unsicher, versteht keine Witze und man merkt einfach, dass seine Kindheit keine richtige Kindheit war. Seit 3 Wochen ist seine Mutter mit der Schwester wieder in Argentinien und Juan David lebt bei seiner Großmutter. Und so fies es klingt, er wird jeden Tag mehr wie ein „normaler“ 10-jähriger Junge. Letzte Woche zum Tag der Arbeit haben wir über unsere Traumberufe gesprochen und Juan Davids großer Wunsch ist es, Fußballprofi zu werden (so wie 80 Prozent der Jungs auch… 😀 ).

 

Doña Benignas Familie: ihr Mann, sie selber, älteste Tochter (kenne ich nicht), Vilma (15), Felix (13), Junge, dessen Namen ich nicht mehr weiß (ca. 10), Josue (6), Helen (5) und nochmal zwei kleinere Kinder. Die Familie hat große finanzielle Schwierigkeiten. Die 5 mittleren Kinder sind zeitweise ins Projekt gekommen. Sie haben immer viel vom übrigen Essen mitbekommen und wenn mal ein Pulli eine Woche rumlag und niemandem gehört hat, wurde er auch immer diesen Kindern mitgegeben. Dann so Anfang März ist das Geld so knapp geworden, dass die Kinder keine Schuluniformen mehr hatten, weil die Mutter gezwungen war, alles zu verkaufen. Die Schule „Oscar Alfaro“, aus der die meisten Kinder kommen, hat zum Schuljahresbeginn einen neuen, sehr strengen Direktor bekommen, der darauf wert legt, dass jeder Schüler in Uniform kommt. Die Kinder wurden dann einfach nicht mehr in die Schule gelassen. Als Aracely das mitbekommen hat – die Kleinen hatten auf wundersame Art und Weise einfach keine Hausaufgaben mehr – ist sie zu einem Gespräch mit dem Rektor an die Schule gefahren, um ihm die Situation zu erklären. Auf die Frage, ob Doña Benignas Kinder nicht ohne Uniform kommen können, hat sie aber nur den Vorwurf zu hören bekommen, warum sie denn nicht längst die defensoria, so eine Art Jugendamt, alarmiert hätte. Dann stand zur Diskussion, ob das Projekt die Schuluniformen stellt, dagegen haben sich dann aber alle entschieden, weil eben nicht sicher wäre, ob die Mutter die neuen Uniformen wieder verkauft. Jetzt ist die Familie weiter weg gezogen und die Kinder kommen nicht mehr, weil der Weg zu weit wäre. Oh man…

Und dann gibt es noch zwei Familien – oder halbe Familien – bei denen sich die Mutter vom Vater trennen will, sie es sich aber aus finanziellen Gründen nicht leisten kann. Es wird viel gestritten und regelmäßig muss ein Mädchen bei uns weinen. Die Mütter arbeiten viel und hart, um endlich ausziehen zu können. Ich bin gespannt, wie das weiter geht und ob es irgendwann klappt.

Und dann ist einfach immer wieder schön zu sehen, dass Piñami ein „sicherer Ort“ ist, und die meisten Kinder wirklich erzählen, was ihnen auf dem Herzen liegt, worum sie sich Sorgen machen oder was sie gerade nervt. Daheim geht das ja anscheinend nicht, wenn die Eltern nur mit sich selbst beschäftigt sind.

Nach der Geburt von Doña Elizabeth kam David, ihr ältester Sohn, zu mir und hat mir ins Ohr geflüstert: „Hermana, ich will mal keine Kinder kriegen, das ist sooo eeekelig!“

In diesem Sinne

Liebe Grüße aus dem barrio[:]

[:de]Meine Kartoffeln waren da! [:]

[:de]Am Sonntag habe ich Mama um halb 4 Uhr an den Flughafen begleitet und habe jetzt Zeit, euch mal wieder ein bisschen was zu erzählen.

Nachdem ich mich von einer „bakteriellen Bronchitis“ Anfang März dank Antibiotika halbwegs erholt hatte, ist Papa an einem Sonntag Mitte März angekommen. Wir haben sowohl Quillacollo, als auch Cochabamba unsicher gemacht; waren auf der Cancha, auf dem Cristo, in Kirchen (wenn sie denn auf hatten) und haben gut gegessen. Dienstags sind wir dann relativ ungeplant nach Sucre gefahren (eigentlich wollten wir ja nach Uyuni, aber am abgemachten Tag ist die Frau des Busunternehmens einfach nicht aufgetaucht!). Auch hier haben wir uns auf Kirchenjagd begeben und auch hier waren alle bis auf eine geschlossen. Papa hat sich durch bolivianische Köstlichkeiten wie Salteñas oder „Teigbällchen“ probiert und wir haben so richtig Urlaub gemacht. Freitagmorgen haben wir dann Kili und Mama abgeholt.

Gleich am ersten Tag wurden sie auf den Cristo geschleppt und einen Tag später mit dem Bus und Pedro nach La Paz und weiter nach Copacabana. Keine so gute Idee! Gleich auf 4000 m gehen sollte man lieber bleiben lassen, die Höhe hat allen ein wenig zu schaffen gemacht. Wieder gut gemacht haben das aber unser wunderschönes Hostel und die freilaufenden Lamas im Garten (das kleine mochte Kili und mich nicht so…). Wir haben – wieder – lecker gegessen, waren auf der Isla del sol und sogar im Palmsonntagsgottesdienst, wo wir doch glatt einen Mitfreiwilligen aus Coroico (Nähe La Paz in den Yungas) samt Besuch getroffen haben.

 

 

 

Noch ein paar typische Titicacaseepostkartenbilder. Rechts oben sind Papa und ich ganz früh (also wirklich früh, wenn man mal unsere winzigen Augen anschaut!) auf den Aussichtsberg gestiefelt und fast vollendet :D. Nach Copacabana sind wir auch noch ein bisschen in La Paz geblieben und haben uns die Stadt und das Valle de la luna angeschaut. Außerdem haben wir mal wieder lecker gegessen, einmal im Restaurant von Pedros Großeltern und das andere Mal im Fischrestaurant seiner Großtante.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Pünktlich für die Karfreitagsprozession in Piñami sind wir wieder nach Cochabamba gefahren. Eigentlich war die Prozessionsstrecke vorher abgemacht, wir haben aber dann doch den ein oder anderen Umweg zu mehreren Häusern gemacht, die eigentlich gar keine Kreuzwegstation vorbereitet hatten. Mama und Papa haben ziemlich gelacht 😀

 

 

 

 

 

 

 

Das war in der Osternacht. Das Osterfeuer wurde irgendwo in der Wiese entzündet, aber es war trotzdem sehr schön. Eine Überraschung war im Gottesdienst, dass beim Gloria wenn die Lichter angehen, Blumen gestreut wurden! Können wir das bitte auch in Deutschland einführen?! Am Ostersonntag waren wir nach der Messe bei Don José und Doña Dora zum Essen eingeladen. Mein schönstes Ostergeschenk war ein echter Lindt-Hase von daheim mit wirklicher Lindt-Schokolade! Lecker. Er lebt schon nicht mehr.

Und dann mussten Mama, Kili und Papa natürlich auch mal noch zusammen mit nach Piñami mitkommen:

Allgemein haben wir in diesen Tagen sehr sehr sehr viele Essenseinladungen bekommen. Das folgende Bild ist bei Javier und Patricia in ihrem kleinen Paradies in „El Paso“.

Und in der Dienstagsmesse bei den Brüdern waren sie auch dabei. Da ist Papa was rausgerutscht, an das sich hier bestimmt noch alle ganz lange erinnern werden können. Das Wort für Kartoffel (papa) wird so betont wie bei uns Papa (Vater). Die Eltern (auch „papás“) betont man aber auf der zweiten Silbe. Papa hat sich und Mama mit den Worten vorgestellt „Nosotros somos las papas de Rahel.“ also „Wir sind die Kartoffeln von Rahel.“ Höhö…:D

Am Mittwoch nach Ostern sind Kili und Papa dann wieder nach Deutschland geflogen und Mama ist noch drei Wochen hier geblieben. Wir haben viel gemacht und gesehen. Das Highlight war aber natürlich die Tour durch die Salzwüste (Salar de Uyuni) und den umliegenden Naturpark.

Wieder typische Tourifotos (danke an Ronaldo, unseren Fahrer, der sich beim Fotos machen voll ins Zeug gelegt hat:D). Für das untere Bild sind wir übrigens um halb 5 aufgestanden, um bei Sonnenaufgang die Geysire zu sehen! Danach ging es dann in heiße Quellen.

Ein dreiviertel unserer Gruppe – die zwei Schweden Löten und Martin fehlen. Und obwohl es so aussieht, pinkeln wir hier NICHT ins Quinuafeld. Die Pflanzen wachsen da im Nirgendwo ohne Wasser! Dafür haben sie grade mit einer Raupenplage zu kämpfen.

Nach einer Erholungsnacht in Uyuni ging es für uns weiter nach Potosí, die Minenstadt. Und was macht man in einer Minenstadt? Richtig, die Mine besuchen. Davor hatte ich wirklich richtig richtig Angst. So schlimm war es dann doch nicht, aber schon eines der beeindruckendsten Dinge, die ich je gemacht habe. In die Mine wurden zu Präkolonisationszeiten Verbrecher zur „Besinnung“ geschickt. Die Europäer haben dann die indigenen Einwohner unter menschenunwürdigen Bedingungen dort arbeiten lassen. Heutzutage sind die Arbeiter in Grüppchen organisiert. Sie erhalten kein regelmäßiges Einkommen, sonder nur so viel, wie sie aus der Mine „rausholen“. Und da waren wir wirklich drin, im ganz normalen „Betriebsschacht“ und mussten immer ausweichen, wenn mal wieder jemand eine Ladung Mineral raustransportiert hat. Auch den „Tío“ haben wir besucht, den „Gott der Unterwelt“, den die Mineros anbeten, damit er ihnen nichts tut. Das war schon sehr bedrückend. Dann habe ich allerdings drei Heiratsanträge bekommen und hätte nicht gedacht, dass die Mineros auch so aufgeschlossen und lustig sind, anders ginge es wahrscheinlich aber auch nicht. Als wir dann wieder Sonnenlicht gesehen haben, war ich doch sehr froh.

Da Sucre auf dem Weg nach Cochabamba liegt, sind wir da zur Erholung auch noch hingefahren und haben es uns gut gehen lassen. Daheim war Mama ganz fleißig in allen Gruppen der Gemeinde. Unter anderem auch bei den Stickfrauen:

Das war also mein Familienbesuch:). Und in nicht mal vier Monaten bin ich schon wieder daheim. Unglaublich, wie schnell die Zeit vergeht!

Ich übe jetzt fleißig drei mal die Woche Chacarera, damit das beim Pilgerfest Urkupiña auch alles klappt. Wer meine Gruppe mal sehen möchte, hier mal wieder ein Link: https://www.youtube.com/watch?v=2Ceb27IiIBA

Ich bin mir gerade nicht sicher, ob ich das mit Uspha letztes Mal schon erwähnt habe, aber doppelt hält ja bekanntlich besser: Montags gibt es dort keine Hausaufgabenbetreuung mehr und wir werden nur noch donnerstags hin gehen. Dafür haben wir jetzt unsere Englischstunden vermehrt und haben drei Gruppen am Montag.

Uuund es scheint, als hätte ich mir Läuse eingefangen. Mich wundert aber, dass es so lang gedauert hat, denn die Kinderköpfe haben es den lieben Tierchen offensichtlich sehr angetan. Naja, ich mache jetzt jede Woche einmal Haarwaschung mit Läuseshampoo und habe mir ein Kopftuch zum arbeiten gekauft.

In diesem Sinne

krabbelige Grüße aus Bolivien

Rahel

P.S.: Während des Veröffentlichens ist noch was passiert: Johanna wurde von nem Hund gebissen, als dieser aus der Tür seiner Besitzer gelassen wurde! Um 7 abends erst! Ihr geht es gut, es ist eine recht kleine Wunde und der „Täter“ ist auch geimpft. Jetzt bin ich doch ganz froh, dass ich alle möglichen Impfungen über mich ergehen lassen habe! :D[:]

[:de]Ein bisschen was zum „Gringa-Sein“[:]

[:de]Wir sind wieder schön im Alltag drin, bald kommt die gefürchtete Halbzeit und ich fühl mich einfach super wohl hier. Aber so richtig viel „Neues“ zu berichten gibt es nicht. Deswegen jetzt einfach ein bisschen was zum „Offensichtlich-Ausländer-Sein“.

Ethnische Diversität gibt es hier rein oberflächlich gesehen nicht wirklich. Deswegen sticht man da als junge, hellhäutige Blondine – oder besser noch drei davon – sofort aus der Masse und wird ordentlich abgescannt. Entweder bleibt es dann dabei und man läuft einfach weiter oder man wird in ein Gespräch verwickelt, woher man den komme und was man hier mache. Wenn es sich dann noch um einen männlichen Gesprächspartner handelt und dieser heute einen guten Tag hat, wird man manchmal noch nach der Handynummer gefragt. Das kann ich inzwischen ganz gut mit Sätzen wie „Oh die weiß ich grad leider gar nicht auswendig!“ oder so verhindern.

Ganz besonders toll ist es aber, wenn ein Auto an einem vorbei fährt und man dann Pfiffe zu hören kriegt. Das geht schon so weit, dass Clara manchmal schon bei Vogelgezwitscher die Augen verdreht. Oder die Insassen rufen aus dem Fenster Dinge wie „Choquita“ (so was wie „kleine Blonde/Helle). Ach echt? Da wär ich jetzt ohne deine Hilfe gar nicht drauf gekommen, dass ich BLOND bin! Dankeschön! Ab und zu kriegt man auch ein „Princesa“ (also Prinzessin) zu hören – dann aber gleich von und zu Casterlystein bitte! 😀 Inzwischen hab ich mir da aber ein ganz gutes Fell zugelegt und kann die meisten Zurufe ignorieren. Einmal hat es mich aber richtig aufgeregt: Da war ich schon drei Tage krank, ungewaschen und total fertig – also null attraktiv oder begehrenswert – und wollte nur schnell ein paar Bananen kaufen gehen. Und dann pfeift jemand aus dem Auto raus und ich dachte mir nur NEIN!!!

Wie wir oder viele Hellhäutige auch beizeichnet werden, ist „Gringo/a“. So werden schon ganz lang die Amerikaner genannt. Das Wort kommt anscheinend vom Grün (green) der Dollarscheine. Und bis jetzt hatte es für mich immer eine negative Konnotation. Deswegen finde ich es als Deutsche immer ein bisschen beleidigend… ich möchte nicht mit Trumpwählern in einen Topf gesteckt werden! Statt gringo/a kommt auch oft ein einfaches „helloooo!“. Menno! Vielleicht kann ich gar kein Englisch und will viel lieber Spanisch reden?

Und in jeder solchen Situation wird mir bewusst, wie privilegiert und „besser dran“ wir sind, als viele andere Menschen hier und dass das durch unser Aussehen jedem vor die Nase gehalten wird. Egal wo wir sind, egal ob „typisch Ausländer“ beim Reisen oder nur beim Klopapier kaufen die Straße runter, wir stechen immer raus. Egal ob wir erst zwei Wochen, 1 Jahr oder unser Leben lang hier wohnen. Egal, wie gut unser Spanisch ist oder auch nicht. Egal ob wir Freunde oder Hobbys haben und an sich gut integriert sind. Das macht mich manchmal ein bisschen traurig, aber ändern kann ich an der Situation ja auch nicht wirklich viel.

Das hört sich jetzt alles sehr negativ und schlimm an, aber wie gesagt, mein Fell wird jedes Mal dicker und ich fühle mich ehrlich wohl hier. Und ich könnte noch viel mehr schreiben oder alles noch viel besser und korrekter formulieren, aber das geht mir halt so manchmal durch den Kopf. Ich hoffe ich habe keinen fatalen politisch inkorrekten Fehler gemacht. Sonst: Entschuldigung!

Morgen ist Halbzeit und ich habe ein bisschen Angst. Die erste Hälfte ging so schnell rum, ich will gar nicht wissen wie schnell es bei der zweiten geht. Aber ich will jetzt auch gar nicht schon ans Heimgehen denken! Ich habs ja letztes Mal schon mal gesagt: Bald kommt Besuch und die Reisepläne stehen so halb und ich kanns kaum erwarten! 😀

Liebe Grüße ins bitterkalte Deutschland (im Moment haben wir angenehme 23 Grad, hihi)

eure Rahel[:]

[:de]Bilder aus La Paz und Copacabana[:]

[:de]

Beim Fisch essen im Restaurant von Pedros Tante

Valle de la Luna bei La Paz

Da war´s ziemlich heiß und wir haben glaub ich einen kleinen Hitzschlag gehabt…:D

Am andern Tag war es richtig kalt mit Regen. Ein Foto musste aber trotzdem sein!

Nach einer aufregenden Trufi-Fahrt von La Paz aus sind wir in Palca gelandet…

Mit so großen Rucksäcken (und Lama-Stirnband! 😀 ) ging´s weiter nach Copacabana

Blick über Copacabana von einem Aussichtspunkt – auf 4000 m einen Berg hochlaufen ist gar nicht so ohne!

Da waren Angelika und ich doch tatsächlich in einem Schwan auf dem Titicacasee! 😀

Kein Ende in Sicht!

Nochmal Aussicht, diesmal von der Isla del Sol – die zweieinhalbstündige Bootsfahrt hat sich gelohnt!

[:]

Das Waschpulver ist leer.

[:de]Der Januar ist schon wieder vorbei und wir haben viel erlebt. Zusammen mit Angelika, Klara und Lina aus Santa Cruz sind wir ein bisschen gereist. Erst ging´s mit der „flota“ (Reisebus; auch gerne verwechselt mit „flauta“-Flöte) nach La Paz. Dort haben wir Johanna, Tabea und Sofia getroffen, waren im Valle de la luna und haben uns von Pedro in die Restaurants seiner Familie einladen lassen und ganz viel Fisch gegessen. Lecker! Drei Tage später – aufgrund von bloqueos gab es nur Trufis – sind wir weiter gefahren nach Copacabana an den Titicacasee, haben wieder Fisch gegessen, waren auf den Islas und haben einfach den wunderschönen See genossen. Dann waren die Straßen gesperrt wegen „Dakar“, dem Wüsten-Autorennen, und wir waren froh, dass wir es dann nach doppelter Fahrzeit wieder nach La Paz geschafft haben. Die Andern sind dann weiter nach Uyuni in die Salzwüste gefahren, aber ich habe noch zwei Tage mit Bea´s Schwester Berna und ihrem Mann Carlos in La Paz verbracht und wurde ordentlich durchgefüttert. Und dann bin ich wieder heim – ja, Kolping ist „daheim“ geworden! – habe mit Aracely und Ingrid Werbung für´s Projekt gemacht, Plakate geschrieben, Rechenspiele auf Vordermann gebracht und die Woche allein daheim genossen. Wir haben auch wieder einige „Problemfamilien“ besucht und ich bin jedes Mal wieder neu überrascht und erschüttert, wie es da manchmal zugeht. Der alleinerziehende Papa der zwei taubstummen Mädels und deren Bruder hat in den Ferien keine andere Möglichkeit, seine Kinder tagsüber allein in dem kleinen Zimmerchen zu lassen. Zu Essen gibt es dann drei Brötchen und das Haus wird von einem aggressiven Hund bewacht, weil die zwei Großen ja gar nicht merken würden, wenn jemand Fremdes kommen würde. Da dachte ich mir erst „Welcher Vater kann so was denn zulassen?!“. Aber einen Tag später haben wir ihn dann zufällig getroffen und er meinte ganz traurig, dass er gar keine andere Möglichkeit hat, da er jeden Cent braucht, um seine Kinder auf die Schule für Taubstumme schicken zu können. Oh man. Aber ab Dienstag gehen sie wieder in die Schule, kommen danach zu uns und sitzen nicht nur daheim rum!

Aufgrund von bloqueos – die sind auch schon total Alltag geworden – sind Tabea aus Inde und ich schon am Sonntagabend nach Santa Cruz gefahren und haben mit dem Rest der „Reisegruppe“ noch zwei schöne Tage verbringen können. Ich bin jetzt stolze Besitzerin von schwarzen Flip-Flops und einer Schlabberhose – ohne geht da dank der Temperaturen und der hohen Luftfeuchtigkeit nämlich überhaupt nicht. Wir haben viel Eis gegessen und sind einmal auch ein bisschen weiter raus gefahren und waren nach einer aufregenden Fahrt im Truck durch Flüsse und Bächlein quasi im Dschungel in Lagunen mit Wasserfall baden – so ganz idyllisch. Da kam nochmal so richtig Urlaubsstimmung auf.

Letzten Mittwoch hat dann unser Zwischenseminar angefangen und ich bin total begeistert. Wir waren 24 Freiwillige aus La Paz, Cochabamba und Santa Cruz und haben uns auf Anhieb richtig gut verstanden. Die Leiter des Seminars waren auch einfach gut und entspannt. In Kleingruppen haben wir unser erstes halbes Jahr (bei uns sind es ja erst 4,5 Monate…) Revue passieren lassen, viel über Politik und Kultur geredet und Pläne geschmiedet für die nächste Halbzeit. Und das kam bei mir raus: 1.)Damit´s hier in der Wohnung nicht so eng ist, könnten wir Bea fragen ob eine von uns in das Zimmer einen Stock weiter runter ziehen kann. 2.)Wir sind ja schon immer so ein „Dreier-Päckchen“, was ja auch ganz nett ist, aber manchmal doch ein bisschen anstrengend. Meine Kleingruppe meinte dann, ich soll mir einfach ein Hobby suchen. Und dann hat Simon, der mit Cilli und ein paar anderen aus seiner WG in Quillacollo tanzt, mich gefragt ob ich seine Tanzpartnerin beim „Chacarera“ sein will. Da hab ich natürlich gleich zugesagt und „hab jetzt was Eigenes!“. Und zum Kaffee trinken mit einigen anderen „Cochabambinas“ hab ich mich auch schon verabredet.                   

Ah, und das Essen war super lecker! Wir haben aber auch schon über so Sachen wie Abschied und Ankommen in Deutschland gesprochen und da hab ich gemerkt, dass ich hier so schnell gar nicht mehr weg will. Mir hond´s halt scho schee, gell! Einen Ausflugstag hatten wir auch und waren nochmal in Lagunen baden, allerdings woanders und es hat irgendwann dermaßen angefangen zu schütten. Ein bisschen Sonnebrand hab ich aber trotzdem gekriegt – woher auch immer… Bei der Hinfahrt mussten wir übrigens die Polizei bestechen, weil Sophia (auch aus Cochabamba!) ihr Carnet nicht dabei hatte und wir aber durch einen Kontrollpunkt kommen wollten. Das Beispiel wurde dann gleich am nächsten Tag bei „Kultur“ durchdiskutiert:D. Lange Rede, kurzer Sinn: Das Seminar war der Hammer und die Liste meiner Ausflugsziele ist auf jeden Fall länger geworden; die Projekte oder Dörfchen der anderen haben sich super spannend angehört.

Und jetzt noch eine andere Nachricht: Im Tiefland gibt’s ja richtig viele Mücken, auch böse, und eine Freiwillige aus La Paz hat sich wahrscheinlich eine Krankheit namens (das war nur die Eselsbrücke, wie sie richtig heißt weiß ich nicht mehr) „Chicken-Huhn-ja“ mit ganz üblen Gliederschmerzen eingefangen. Die Arme konnte nicht mehr schlafen, sitzen, laufen oder stehen ohne Schmerzen. Mich haben sie aber (hoffentlich) verschont, hab mich auch immer brav mit Mückenspray eingesprüht (Danke Clara!).

Und morgen geht’s dann wieder los im Projekt, wir räumen nochmal alles auf bevor am Dienstag wieder der Normalbetrieb los geht. Ich freu mich schon wieder richtig auf die Kinderchen:D Und worauf ich mich auch riesig freu: In ungefähr anderthalb Monaten darf ich Papa vom Flughafen abholen!!! Jippie!

Zum Titel des Textes: Ganz am Anfang haben wir immer gesagt „Wenn das Waschpulver mal leer ist, dann sind wir so richtig angekommen!“. Und ja, diese Aussage kann ich bestätigen!:) Wir haben gleich mal neues gekauft, ein blaues.

Und noch eine wichtige Sache, die ich vom Sepp aus Oberbayern beim Seminar gelernt habe: „Dr Hoos liegt im Groos. Ganz stad. Kopf abgmaht. Kopf liegt danem – unangenehm!“

In diesem Sinne, liebe Grüße nach Deutschland

Eure baldige Profitänzerin

Rahel

P.S.: Aufgrund eines Handy-Missgeschicks kann ich keine Bilder hinzufügen. Das klappt aber hoffentlich in ein paar Tagen![:]

[:de]Feliz Año Nuevo[:]

[:de]Meine Tante hieß auch Töle. Töle war ne tolle Tante. Wir nannten sie auch tolle Tante Töle.

Hallo mal wieder! Aufgrund verschiedener Netzwerk-Probleme (das W-Lan hat so seine ganz eigene Persönlichkeit) melde ich mich erst jetzt wieder. Wir haben die Vorweihnachtszeit, Weihnachten und den Jahreswechsel gut rumgebracht und davon erzähl ich jetzt einfach ein bisschen:

 

Vorweihnachtszeit

Im letzten Eintrag hatte ich ja von unserer „Colonia navideña“, den Spiel-und-Bastelmittagen, erzählt und ich war dann doch froh, als die zu Ende gegangen sind. Hauptsächlich haben wir gebastelt. Sternchen, Schneeflocken, Weihnachtskarten und Deko für die Weihnachtsmesse. Der Hauptbestandteil der Basteleien war Glitzer in allen erdenklichen Farben, auf den sogar sämtliche Jungs total abgefahren sind. Manchmal finde ich jetzt noch welchen in meinen Hosentaschen oder so. In der zweiten Woche haben wir dann fleißig geprobt für das Krippenspiel und den Chor für Heiligabend. Auch diese Tage waren sehr intensiv, aber als alle Rollen geklärt waren (zwei Mädels als Maria und Josef und unser Engel ist mit seinen Federflügeln die ganze Woche glücklich durch die Kirche geschwebt) hat dann doch alles irgendwie geklappt. Johanna, Clara und ich durften die drei Könige sprechen – gespielt haben die Kleinen – weil ausländische (oder halt deutsche) Akzente gebraucht wurden…

Ein anderer großer Punkt – den hab ich auch schon angesprochen – war das Tanzen für das Gemeindefest in Piñami. Auch das haben wir erstaunlich gut gemeistert (finde ich zumindest! 😀 ). Ich war sogar eine der „guías“, musste oder durfte – wie man´s nimmt – als erste der mittleren Reihe tanzen. Da war ich dann doch ein bisschen nervös. Ganz am Anfang ist mir dann auch erstmal der Rock quasi runtergefallen, nach einigen Sicherheitsnadeln mehr von einer netten Mutter ging´s dann aber wieder. Und natürlich mussten wir uns ein paar Kommentare von Seiten angetüdelter männlicher Personen anhören, aber ansonsten hat es echt total Spaß gemacht – vor ein paar Monaten hätte ich mir das echt noch nicht vorstellen können. Wen interessiert zu welcher Musik wir getanzt haben: https://www.youtube.com/watch?v=f0V5EAVqh40 Den Text „Jaaa, ich komme aus Bolivien!“ haben wir immer aus vollem Hals mitgesungen… Hups 😀 Nach dem Umzug waren wir erst ein bisschen Fotoattraktion und dann kam erst der ganz große Auftritt: Jede Gruppe hatte sich noch eine Choreo ausgedacht um sie der Marienstatue von Piñami vorzutanzen (und den unzähligen Menschen drum herum…). Zu zehnt haben wir uns dann mitten auf den Platz gestellt und angefangen. Und dann ging mittendrin einfach die Musik aus! Da konnten wir aber auch schon nicht mehr aufhören und haben´s knallhart ohne Begleitung durchgezogen… Auf jeden Fall können wir jetzt Saya tanzen! Die Ausrüstung kommt auf jeden Fall auch mit nach Deutschland!

 

Weihnachten

Wie das Immunsystem es so wollte lag ich am 23. Dezember mal wieder mit einem Fieberchen im Bettchen. Juhu. Deswegen war am 24. dann auch nicht so viel geplant – außer Kärtchen schreiben und unsere Bredla zum Verschenken in Tüten packen. Mit Johannas Besuch aus Bamberg (Elias) sind wir dann auf halb 8 nach Piñami losgezogen.

Kurzer Exkurs zur geschmackvollen Weihnachtsbeleuchtung, die auch ihren Weg in die Kirche gefunden hat. Auf den großen Plätzen befinden sich große Drahtgestelle mit Stoff drüber. Weihnachtsmann auf Schlitten mit 4 Rentieren? Gar kein Problem! Es gibt eigentlich alles, was man sich so vorstellen kann. Drum herum hängen dann unzählige Lichterketten, blinkende Glöckchen und lachende Sterne. Mein persönliches Highlight aber sind und bleiben Lichterketten, die in den verrücktesten Farben blinken und dazu LIEDER SPIELEN. Zwei von denen hängen auch um den Plastik-Christbaum in der Kirche. Wenn die gleichzeitig an sind und spielen, ist das riiichtig schön! Während dem Godi war die Liederoption aber ausgeschalten und wir konnten in Ruhe das Krippenspiel machen. Kurz vor 8 kam aber José Luis noch zu mir und hat mich ins Haus der Brüder geschickt zum Messwein holen, der sei ausgegangen. Ich hab mir nicht viel dabei gedacht, musste mir dann aber doch das Lachen verkneifen, als Marco mir in das kleine Glasgefäß Weißwein aus dem Tetrapack gefüllt hat!

Die Messe und auch das Krippenspiel haben reibungslos funktioniert, wir haben brav gesungen und unsere zwei Sätze fehlerfrei ins Mikro gesprochen. Gegen halb 10 sind wir dann weiter zum Essen ins Haus des Diakons Don José von Cruz Gloriosa gegangen. Er ist der Papa von Beatriz und das Haus war voll mit ganz lieben Tanten und Onkeln, mit denen wir die typische Suppe „Picana“ verspeißt haben. Um 12 haben sich alle umarmt und sich Frohe Weihnachten gewünscht, dann gabs Geschenke. Meine schönsten Geschenke waren ein zweiter Spätzlehobel mit Spätzlemehl und Spätzlesschöpfer von daheim (Danke Mama!) und ein Glas Saure Gurken von Johanna. Ziemlich spät und erschöpft sind wir dann ins Bett gefallen. Allerdings nicht für lang: Zum nächsten Mittagessen waren wir nochmal beim Diakon eingeladen – diesmal gabs ganz klassisch Hühnchen mit Reis und Kartoffeln. Mit Essen ging´s dann auch weiter am 26. Dezember (der ist hier gar kein Feiertag!) bei den Schwestern: mit Schwein und Rosinen gefülltes Hühnchen, Kartoffelpüree und warmes Apfelmus.

 

Silvester

Johanna und Elias sind nach Weihnachten nach La Paz gefahren, Clara und ich waren also gaaanz allein! Wir haben an Silvester schön lang ausgeschlafen und sind nachmittags dann ein bisschen in Quillacollo rumgelaufen, haben lecker gegessen und haben uns durch die Straßen gepresst. Jeder hatte nämlich sein Ständchen und wollte Geldscheine zum Zählen um zwölf oder Unterwäsche in gelb oder rot (und natürlich noch ganz viel mehr) verkaufen. Ein bisschen „verhockt“ sind wir dann noch neben einer Versteigerung. Die gibt’s hier recht oft, auch bei Straßenfesten oder so. Und es gibt alles von Actionfiguren über Totenköpfe bis hin zu glitzernden Marienfiguren für recht wenig Geld. Die Familie neben uns ist nach einer halben Stunde um besagten Totenkopf, eine Comicfigur und einen Riesenpapagei reicher heim gegangen. Um 11 sind wir dann ins Haus des Diakons gegangen und haben gemeinsam mitsamt kompletter Familie den Jahreswechsel erwartet. Die Stimmung war ausgelassen, besonders als eine Tante für alle Haarreifen mit Glitzerhütchen und Glitzer-2018 oben drauf ausgepackt hat. Um 12 haben wir dann12 Trauben verspeist und falsche Dollars gezählt, das soll reich machen. Clara und ich haben dann drauf bestanden einen Blick nach draußen zu werfen, aber hier feuert man anscheinend nicht so gern wie in Deutschland. An Neujahr waren wir dann – wer hätte es gedacht – wieder beim Diakon eingeladen. Es war wieder die ganze Familie versammelt und einfach richtig nett. Don José stand am Grill und hat Unmengen an Steak und Würstchen verteilt. Leckerschmecker. Wir haben in den letzten Tagen ganz bestimmt ziemlich zugenommen…

Natürlich spielt an diesen Festchen auch Alkohol eine nicht unbedeutende Rolle. Ein kleiner Auszug eines Gesprächs zwischen einer Großtante und ihrem Mann, den ich jetzt einfach unkommentiert wirken lasse:

Großtante: Also, was willst du trinken zum Essen? Cola oder Sprite?

Ihr Mann (mit völlig ernstem Blick): Whisky.

So, das ist jetzt mal wieder ein bisschen mehr geworden, aber ich kann mich auch erst wieder im Februar melden. Morgen kommen drei Mädels vom BDKJ Würzburg, die in Santa Cruz arbeiten, und am 5. Januar geht’s dann zusammen weiter nach La Paz zu Johanna und von da aus stehen auf jeden Fall der Titicacasee und die Salzwüste auf der Liste. Juhu! Ende Januar haben wir in Santa Cruz unser Zwischenseminar und dann geht auch der ganz normale Alltag wieder los.

Mir geht’s einfach gut hier und ich freu mich auf die Reiserei. Auch das große Weihnachtstief, vor dem man uns gewarnt hat, ist nicht wirklich eingetroffen. Obwohl ich „Drei Nüsse für Aschenbrödel“ schon vermisst hab… 😀

Liebe Grüße ins kalte Deutschland

Eure Rahel

Ein Motiv unserer Kartenproduktion, die wir brav an alle möglichen Leute verteilt haben

Kleine Pause beim Tanzen

Nahe dem Nervenzusammenbruch nach drei Stunden Bredla backen und verzieren mit 20 Kindern

Die Krippe in der Kirche mit singender Lichterkette

An Heiligabend beim Diakon

[:]

[:de]Advent, Advent, ein Lichtlein brennt[:en]Advent, Adven[:]

[:de]…und hier gibt´s einen kurzen Überblick über das, was hier so passiert und noch ansteht!

Jetzt ist es Dezember und ich kann kaum glauben, dass schon wieder ein Monat rum ist! Das liegt wahrscheinlich daran, dass gerade richtig viel los ist und wir immer was zu tun haben. Am Donnerstag war der letzte Schultag und wir haben in Piñami einen Musikwettbewerb veranstaltet (Wer „unser Lied“ hören möchte – ich kann´s nur empfehlen?: https://www.youtube.com/watch?v=ttyviOjuTMU). Clara und ich haben uns auch eingebracht; mit Blockflöten – und uns bei „Kling, Glöckchen“ verspielt, hups… Freitags war dann der letzte reguläre Tag und zur Feier des Tages gab es von Doña Giovi selbst mariniertes „Pollo al horno“. Hühnchen kann hier einfach irgendwie jeder super lecker zubereiten. Mittags fand dann der große „Concurso de baile“ (Tanzwettbewerb) statt, für den alle seit 3 Wochen fleißig geübt haben. Die zwei Stunden davor habe ich hauptsächlich mit Haare flechten verbracht und bin jetzt wieder voll in Übung! Mit den Kleinen haben wir uns hart den Tanz zu „Sapito“ erarbeitet (auch hier wieder große Musikempfehlung: https://www.youtube.com/watch?v=mrxTQZW9b08&pbjreload=10) und in der Kategorie „Peques“, also die Kleinen, haben wir sogar gewonnen! Bei einer einzigen Darbietung in dieser Kategorie war das aber auch nicht sooo schwer…

Außerdem steht seit Dienstag jeden Abend anderthalb Stunden Tanztraining an. Nächstes Wochenende ist in Piñami Kirchen- und Wohnviertelfest, wo wir „Saya“ mittanzen werden. Bis jetzt sind die Schritte noch machbar, aber wir haben noch eine Woche um noch mehr Pasos zu lernen. Ich bin ein bisschen nervös. Ab Montag ist Inventur mit Ingrid und Aracely angesagt. Und die zwei Wochen vor Weihnachten bereiten wir unter der Woche für die Kinder Bastel- und Spielnachmittage vor, damit sie nicht nur daheim sind. Viele ältere Schüler gehen in den Ferien auch arbeiten, um ihre Eltern zu unterstützen. Hoffentlich finden sich ein paar Interessierte, damit ich das 50-Zettelspiel nicht umsonst vorbereitet hab…

Nächsten Sonntag ist außerdem Gemeindefest in Cruz Gloriosa, bei dem die Firmlinge mittanzen – das lassen wir uns natürlich nicht entgehen! Ein Mini-Riesenrad und die üblichen Tischkicker dafür sind schon längst aufgebaut und manchmal gehen wir abends mit Diego, Beatriz Sohn, auf eine Partie rüber. Gerade scheint auch die Zeit für Erstkommunionen und Firmungen zu sein. Letzten Sonntag wollten Clara und ich uns die in Piñami anschauen. Normalerweise fängt der Gottesdienst dort um 8 Uhr an. Was uns aber niemand gesagt hat, war, dass die Erstkommunion erst um 9 los ging. Juhu! Dafür haben wir dann im Spontan-Chor mitgesungen und das Geschehen hautnah miterlebt. Die Kommunionkinder, mit denen wir ja auch schon mal einen „Besinnungs-Tag“ verbracht haben, bekommen ihre erste Kommunion hier ganz „normal“ wie die Gemeinde auch. Also ganz anders als in Deutschland. Und ein paar Kleidchen haben mich doch sehr beeindruckt. Die Firmlinge von Cruz Gloriosa sind dann am 17. Dezember dran.

Fest eingeplant sind wir auch schon im Weihnachtschor von Piñami und JEMAND sollte noch mit den Kindern, die zu unseren „Weihnachts-Bastel-Spiel-Tagen“ kommen, auch noch ein Krippenspiel vorbereiten. Wie ihr seht haben wir alle Hände voll zu tun – ich find´s super und freu mich schon sehr auf die Vorweihnachtszeit! Ein paar Grillfest-Einladungen sind auch schon bei uns eingegangen und ich bin mal sehr gespannt, bei welchen Familien wir über die Festtage reinschnuppern dürfen. So ein richtiges Weihnachten ohne Familie und kalt kann ich mir einfach noch gar nicht vorstellen.

Das erste Lichtlein brennt ja schon fast und ich wünsche allen eine wunderschöne, schneeige, christkindlesmarktige, vor-dem-Ofen-sitz-Adventszeit mit ein paar ruhigen Momenten und ganz wichtig natürlich: ganz viel leckeren Bredla, gell! (Eiweiß mit der Hand schlagen ist übrigens echt anstrengend; ich kann da seit Neuestem aus Erfahrung sprechen!)

Liebe Grüße

Rahel

Alex aus Weingarten kam übers Wochenende hier vorbei und wir haben es endlich geschafft, auf den Cristo zu gehen!

Die Gewinner beim Tanzwettbewerb – JUHUUU!

Johanna hat sich an den Tanz „Tinku“ gewagt

Das „Spontan-Chörchen“ für die Erstkommunion

Für 50 Kinder Kekse backen? Kein Problem!

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[:de]Todos Santos in Independencia[:]

[:de]Letzten Mittwoch haben wir uns mit den anderen Freiwilligen aus Cochabamba zu siebt für ein paar freie Tage auf den Weg nach Independencia gemacht. Nach 6 Stunden Busfahrt über holprige Straßen und Berge – geprägt von Aufs-Klo-Müssen, Hardcore-Pinkeln auf einer komplett freien Fläche und drei kleinen sich übergebenden Kindern (eine davon „unsere“ kleine Laura) – hatten wir dann einen sehr schönen Blick auf das von ein paar Lichtern erhellte Independencia. Abgeholt wurden wir von Tabea, die dort gemeinsam mit Sofia im Centro Social, einem Internat, wohnt und in der Schule und im Kindergarten arbeitet. Das Erste, was mir aufgefallen ist, ist die Tatsache, dass die beiden nach dem Jahr die Mords-Waden haben werden. Der Weg vom „Zentrum“ des Dorfes hoch ins Centro ist zwar nicht weit, dafür aber unglaublich steil. Mit dem großen Rucksack, in dem Clara, Johanna und mein Gepäck drin war, war der Anstieg gar nicht so einfach – hier in Cochabamba ist ja alles flach und ich bin immer schon nach ein paar Treppen geschafft.

Dann kam die nächste Überraschung: Der Nachtpförtner des Geländes hat uns eröffnet, dass wir es vermeiden sollten, nach 22.30 unser Zimmer zu verlassen und wenn, dann nur mit einer Flasche Wasser. Da werden nämlich die vier scharfen Schäferhunde losgelassen, die übrigens vor ein paar Wochen nachts eine Katze umgebracht haben. Da hat mein Hunde liebendes Herz erst mal einen großen Hüpfer gemacht. Aber nicht aus Freude. Und ich habe direkt unsere überschwänglichen und nervigen, aber halt netten Haushunde vermisst! Das ist echt doof, wenn man nachts aufwacht, weil man eigentlich aufs Klo müsste, aber zuerst eine halbe Stunde wach rumliegt und mit sich selber ringt, ob es jetzt schon so dringend ist, dass man sich der Gefahr draußen stellen muss. Und dann aufsteht, die Tür öffnet und rausspitzt ob grad einer in der Nähe ist und ganz schnell aufs stille Örtchen rennt – bewaffnet mit einer zwei Liter Wasserflasche, man weiß ja nie – und dann auch noch wieder zurück muss! Es geht recht viel um Urin, Entschuldigung! Mir ist zum Glück nie was passiert und ich musste auch das Wasser nicht anwenden!

Das Centro Social wird von Schwestern geführt, eine von ihnen Schwester Verena – der Name sagt vielleicht einigen was. Wir wurden total herzlich begrüßt, haben jeden Tag drei Mal richtig tolles Essen bekommen und mussten danach nicht mal spülen! Nach der ersten Nacht war dann ja „Día de los Difuntos“, in Deutschland Allerseelen. Und bestimmt kennt ihr die Bräuche, zumindest aus Mexiko. So groß war das in Inde – so sagt man das, wenn man cool ist ?- natürlich nicht. Gegen Mittag sind wir los auf den Friedhof und haben uns mit anderen Freiwilligen getroffen: Desiree und Jonas, Freiwillige vom BKHW, die auch in Inde wohnen und arbeiten, hatten Besuch von ihren „Kollegen“ aus La Paz – ein paar von ihnen haben wir schon beim Ankommensseminar in Santa Cruz kennengelernt. Nach und nach sind wir dann ins Geschehen auf dem Friedhof eingetaucht. Jede Familie, die einen Angehörigen verloren hat, muss die ersten drei Jahre nach dessen Tod an oder auf seinem Grab am Día de los Difuntos allerlei leckere Sachen parat haben: Tanta Wawas (so heißt das auf Quechua), Gebäckstücke in allerhand Formen und Geschmäckern (Clara behauptet, ein Brot in Form eines Lamafötus ergattert zu haben), Früchte, Figürchen aus Zucker, Dinge, die der Verstorbene mochte und ganz wichtig: Chicha – Maisbier, säuerlich, bisschen bitter, erinnert mich an Most – das in kleinen Schälchen gereicht wird, in das 4-5 große Schlücke (von mir) reinpassen. Gegen Gebete für den Verstorbenen gibt es dann am Grab ordentlich von den oben genannten Leckereien. Und Chicha, auch davon nicht zu knapp – Ablehnen war nicht. Und die Sonne hat erbärmlich runtergebrutzelt. Hätten wir (unser Grüppchen bestand aus Clara, Johanna, Sofia und mir) nach anderthalb Stunden nicht aufgehört, hätten wir am Ende des Tages statt einer großen Tüte fünf, ordentlich Einen hocken und noch schmerzhafteren Sonnenbrand gehabt. Das spanische Vater Unser und Ave Maria läuft jetzt aber wie geschmiert. Wir hatten auf jeden Fall richtig Spaß – so was würde ich von einem Friedhofsbesuch daheim jetzt nicht behaupten! Und dass ein deutsches Vater Unser so viel Eindruck machen kann, hätte ich auch nie erwartet?. Vielleicht haben wir auch nur deswegen so viel Chicha bekommen, wer weiß… Abends sind wir mit den anderen Freiwilligen ein bisschen den Berg hochgelaufen, haben ein Lagerfeuer gemacht und einen Geburtstag nachgefeiert. Eigentlich pünktlich vor den Hunden sind wir zurückgekommen. Als wir dann beim Zähne putzen standen, kam der Pförtner mit einem riesen Stock vorbei. Auf meine Frage, ob wir vielleicht noch 5 Minuten Zeit haben können, meinte er nur wir sollen uns halt beeilen, er lässt die Zuckerschnäuzchen (das war ich…) jetzt raus. Ob meine Zähnchen richtig sauber geworden sind, weiß ich nicht…

Am Freitag wollten wir dann eine kleine, beschauliche Wanderung zu einem Wasserfall in der Nähe mit unserer Mentorin Carmen machen. Ihre Eltern wohnen in Inde und sie ist einen Tag nach uns angekommen. Sie meinte, das wäre was ganz Gemütliches, je eine Stunde für den Hin- und Rückweg. Da kann man natürlich locker erst nach dem Mittagessen losgehen! Begleitet wurden wir übrigens von Nina und ihrem Freund, die vor genau 7 Jahren Freiwillige hier war. Ganz komisch, mir jetzt vorzustellen, dass ich auch mal wieder irgendwann her kommen werde, aber gar nicht mehr so richtig „drin“ sein werde! Zurück zur Wanderung. Ich mach´s jetzt einfach mal kurz: Wir waren über 6 Stunden unterwegs, sind eigentlich geklettert und mehrmals fast gestorben. Dem Fluss entlang ging es über gefühlt senkrechte Felsen, Höhlen, allein unüberquerbare Steine und auf dem Zurück an einem steilen Abgrund ohne erkennbaren Weg entlang. Und das alles ohne viel Kletterkenntnis oder Sicherung und mit einer Dreijährigen. Und der größte Witz an der Geschichte war: Da es ja grad Sommer wird und die Regenzeit schon lang vorbei ist, war der Wasserfall kein „Fall“ sondern zwei Mini-Rinnsale – wir haben nicht mal ein Foto gemacht. Man kann sich vorstellen, dass wir nach dieser (Nahtod-) Erfahrung unendlich glücklich waren, als wir dann das erste Mal wieder auf befestigtem Boden, genauer gesagt auf einer Kuhweide, standen. Diese Erleichterung drückt sich besonders in Claras Ausruf aus: „Also wenn ich Raucher wäre, würde ich mir jetzt sofort eine anstecken!“ Zum Glück hat man uns im Centro das Essen aufgehoben.

Am nächsten Tag haben wir nicht mehr viel gemacht – danke Herr Muskelkater. Nur im „Living“ waren wir abends noch. Das ist ein Raum, in dem ein paar Sofas und Sessel stehen und sich dann die Schwestern und alle, die sonst grade noch Zeit haben, zusammen hinsetzen, Teechen trinken, Kuchen essen, schwätzen und stricken. Das hat mir nochmal richtig gut gefallen, da fühlt man sich wirklich gleich wie daheim. Vor allem weil wir am Anfang noch allein mit Schwester Verena waren, die ja aus Deutschland kommt, und sie ganz viel erzählt hat. Gegen ihre 49 Jahre sind unsere (fast) 2 Monate hier eben gar nix! Nachts um 3 ging es dann leider wieder nach Hause, aber ich muss auf jeden Fall noch ein paar Mal zurück, um mehr von der Umgebung zu sehen (aber bitte ohne Todesangst! ?) oder um einfach mal nur gute Luft abzukriegen! Die Landschaft ist echt der Hammer und ich habe die verhältnismäßig ruhigen Tage ohne Handy und Arbeit total genossen.

Uns geht´s – wie immer – gut! Alle sind jetzt hoffentlich mal für längere Zeit gesund.

Mit dem Schwätzen läuft´s auch immer besser, im apoyo muss ich schon fast nicht mehr nachdenken. „Was/wo ist deine Hausaufgabe?“, „Das ist jetzt leider überhaupt nicht richtig.“ und „Moises, bitte mach jetzt sofort deine Hemdknöpfe wieder zu!“ hab ich schon im Schlaf drauf.

Und am Wochenende ist ein Theaterfestival in Cochabamba, da freu ich mich sehr drauf. Und was macht Deutschland so?

 

Sonnige Grüße von

Rahel

Independencia von (fast) oben

Einer von vielen Ausblicken

Ein ganz besonders schönes Grab – Foto machen war erlaubt!

Mitten bei der Wanderung – der Schein trügt!

Ovejitas mit Hüterin auf der Hinfahrt

Geschafft! Foto auf der Kuhweide

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[:de]Straßenfeste, Quinceañera und Karaoke[:]

[:de]Juhu, das ist der erste Eintrag in der Kategorie „Freizeit“!

Straßenfeste

Letztes Wochenende waren wir gleich auf zwei Straßenfesten und haben die erste Begegnung mit der bolivianischen Tanz-Kultur gemacht. Samstags war abends ein großer Umzug in Colcapirhua am km 9, also gar nicht weit weg von uns. Mit Pedro, Aracely und ihrer Tochter Wara sind wir gegen 7 los und haben uns erst durch Menschenmassen und unzählige Essensstände gequetscht. Fies, wenn man bedenkt, dass wir noch nichts gegessen hatten und eigentlich noch gar kein Straßenessen essen dürfen und es damit auch später nicht übertreiben sollen – mindestens einen Monat zum „akklimatisieren“ sollten wir einhalten. Aber da gibt es halt auch sooo leckere Sachen! Salchipapa  (gebratene Wurststückchen mit Kartoffeln) Hamburger-Stände oder typisch frittiertes Hühnchen mit Pommeskartoffeln für wenig Geld. Allein die Gerüche! An ein ziemlich hartes süßes Gebäck mit Zuckerglasur hab ich mich dann aber doch gewagt – genehmigt von Aracely. Und dann haben wir uns den Umzug angeschaut (auf Anfrage schicke ich wieder gerne Videos?). Das Ganze ist vergleichbar mit der Fasnet daheim, nur, dass es hier WIRKLICH nur zum Spaß ist ?. Unzählige bunte Menschen sind tanzend, singend und Musik machend an uns vorbeigezogen, das war schon echt toll anzuschauen (Wer an der Musik interessiert ist: Hört euch mal „Señora Chichera“ an, das hat jede zweite Kapelle gespielt!). Jedes Kostüm und jeden Tanz zu beschreiben, würde – mal wieder – den Rahmen sprengen. Am besten hat uns allen aber „Tinku“ gefallen (nicht zu kurze Röcke und rhytmische Musik). Wer mich kennt, weiß, dass ich nicht zu den Auserwählten gehöre, die sich Tanzschritte einfach so merken, ohne Scheu drauf los tanzen können (außer beim Blödsinn machen) und es dann auch noch gut aussieht. Daher war ich doch ganz froh, dass ich mich den zwei Händen entziehen konnte, die mich mitziehen wollten. Dafür hat es Johanna und Clara erwischt, die sich auf jeden Fall viel besser angestellt haben als ich es gekonnt hätte! Später sind wir dann ein bisschen rumgelaufen und haben ganz gekonnt die durch Alkoholkonsum vermehrten Rufe nach uns „Gringas!“ und „Choquitas!“ an uns abprallen lassen. Pedro hat uns die Kirche in Colcapirhua gezeigt – zugestopft mit Lilien in allen Farben – und wen treffen wir da? Padre Gonzalo, den Ex-Pfarrer aus Cruz Gloriosa, von dem wir zum Essen eingeladen wurden. Aber ganz bolivianisch ohne Datum oder so?. Dann haben wir was gemacht, was ganz typisch für solche Straßenfeste ist: Tischkickern. Für ein kleines bisschen Geld kann man sich ganz viele harte Partien an unzähligen aneinandergereihten Kickern liefern. Und dann gings auch bald wieder brav nach Hause.

Am Sonntag war dann in Uspha-Uspha, am km 9 auf der anderen Seite von Cochabamba, eine Marienprozession der dortigen Gemeinde, die dann in einen Umzug genau wie am Tag zuvor übergegangen ist. Und abends gab es dann noch einen Wettbewerb zwischen den Tanzgruppen. Wir sind morgens mit Hermana Justy hingefahren und haben gemeinsam mit den anderen Schwestern für die Tanzgruppe der Firmlinge gekocht und haben uns dann den Umzug angeschaut – es war echt ziemlich heiß, keine einzige Wolke am Himmel. Ich frage mich, wie die Tänzer das den ganzen Weg ausgehalten haben! Vor allem die Jungs, die in einem gebastelten Stierkörper gesteckt sind. Genau wie bei uns das Rössle, Kili! ? Leider hab ich davon kein Bild.

Quinceañeras

Am nächsten Wochenende waren wir wieder auf einem Straßenfest auch hier in der Nähe – ich habe allerdings den Namen des Stadtteils vergessen, es war irgendwas mit T. Auch mit Tischkickern und Tänzern, aber alles noch einen Tick größer. Und ganz spontan wurden wir dann noch auf einen Quinceaños eingeladen. Hier und in ganz Lateinamerika werden die 15. Geburtstage der Mädchen – sofern finanziell möglich – ganz groß gefeiert. Und schick sollte man sein! Also mussten wir nochmal schnell heim und Jeans, Pulli und Turnschuhe in Kleidchen und Ballerinas umtauschen. Trotzdem waren wir total „underdressed“ wie man so schön sagt – alle Jungs in Anzug und die Mädels ziemlich überwätigend geschminkt und gekleidet?. Was ich aber auch gern sage: „Wir haben eh den Gringa-Bonus!“. Trotzdem muss ich mir vielleicht doch bald mal schickere Ausgeh-Klamotten zulegen… Die ganze Party war DAS Erlebnis des Wochenendes. Mittelpunkt waren die frisch 15-jährigen Zwillinge in Glitzerkrönchen, Tüllträumen in türkis und unglaublich hohen silbernen Schuhen. Die ganze Aufmachung hat mich eher an eine kleine Hochzeit erinnert – Tanz mit Papa und Freund, dreistöckige Torte, passende Deko mit Stuhlüberzügen etc. Auch einen Moderator gab es, der die Leute zum Tanzen aufgefordert hat und allerlei Aktionen angeleitet hat (Einzug der Quinceañeras, Anschneiden der Torte, Übergabe der Geschenke und die „hora loca“ – 5 verkleidete Leute, die nur Blödsinn gemacht haben). Leider ist dann der unausweichliche Moment gekommen, in dem ich dann doch tanzen musste. In zwei langen Reihen, immer Mädchen und Junge gegenüber, habe ich dann alles brav über mich ergehen lassen und am Schluss hat es tatsächlich Spaß gemacht. Sogar ein paar Schritte Tinku und Morenada (ein anderer Tanz) habe ich gelernt, hoffentlich kann ich mich nächstes Mal wieder dran erinnern!

Karaoke

Am nächsten Tag wurden wir von Waras (Tochter unserer Vermieterin Beatriz) Kumpel Pacho zur Karaoke bei ihm daheim in Quillacollo eingeladen. Ein bisschen aufgeregt war ich dann doch, weil ich sonst nur im KJW-Chor ein bisschen im Alt in der Masse untergetaucht bin oder allein im Auto mein Bestes gegeben hab. Deshalb war ich doch beruhigt, als sich herausgestellt hat, dass außer uns, Pacho und Wara nur noch zwei andere da waren, die sich kein einziges Mal getraut haben zu singen. Es waren drei richtig nette und entspannende Stunden, so unter Gleichaltrigen ist das gleich ganz anders! Resultat des Abends: Ich habe ein bisschen an Selbstvertrauen gewonnen und lerne jetzt fleißig Disney-Songs auf Spanisch!

Wie ihr seht, sind wir schon ein bisschen im gesellschaftlichen Leben Boliviens angekommen! Juhu! Zum Glück gibt´s Leute, die uns überall hin mitnehmen. Uns geht es so weit gut (außer einigen gesundheitlichen Ausfällen meinerseits…), der Alltag ist langsam da und in der Arbeit wissen wir wie der Hase läuft (oder auch frei übersetzt nach Clara Schwab: „Sabemos como corre el conejo.“)

 

Liebe Grüße

eure Rahel (, die sich jetzt doch sehr ernsthaft überlegt, hauptberuflich Opernsängerin oder Tänzerin zu werden! Höhö…)

 

Auf der Pasarela nach Colcoapirhua

Kleine Salay-Tänzerinnen

Das ist Tinku!

Caporales-Tänzer mit viel Bling-Bling

Unsere Mini-Karaoke-Party

Passt zwar nicht zum Beitrag, aber die Hunde-Welpen sind einfach sooo flauschig gewesen!

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